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Gradenwitz, Otto [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 6. Abhandlung): Akten über Bismarcks großdeutsche Rundfahrt vom Jahre 1892 — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37796#0027
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Bismarcks großdeutsche Rundfahrt vom Jahre 1892.

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Behörde“ (No. 8J)4 aufzufassen. Schon hierbei ist nicht völlig unter-
schieden, daß zwar der Botschafter für seine Person auch den Sou-
verain vertritt (der Gesandte nur den Staat), aber die Botschaft
an dieser persönlichen Vertretung keinen Anteil hat; — immerhin
steht der auswärtige Dienst dem Monarchen näher als das übrige
Zivil. Aber vor allem sollte sich an der Hochzeit im Sinne der
Gastgeber nicht die Botschaft beteiligen1 2, sondern einige eingela-
dene Freunde waren zufällig Mitglieder der Botschaft. Hätte Graf
Palffy der Botschaft eine Anzahl Einladungen geschickt, oder
hätte gar Prinz Beuß Anstalten getroffen, an der Spitze der Herren
der Botschaft den Fürsten Bismarck zu empfangen, so wäre die
Botschaft in lite gewesen; so wie es auf einem andern Niveau die
Bahnhofsbehörde war, wenn der Stationschef dem durchreisenden
Fürsten in Gala aufwartete; wenn dagegen etwa ein von Friedrichs-
ruh nach Berlin versetzter dienstfreier Assistent den Fürsten
begrüßte, — und sei es in erster Garnitur, — so war das ein Privat-
mann, der zufällig zugegen war; und so analog bei den Damen
und Herren der Botschaft. Hielt sich der Botschafter von Wien
fern, so lag darin für die Wissenden genug, und selbst wenn bei
Krankheit des Botschafters der Geschäftsträger Prinz Ratibor der
Feier assistierte, so war es der Freund des Hauses und nicht der
„Erste Herr vom Botschaftspersonal, der die Botschaft führte“,
was äußerstenfalls durch die Einladungskarte oder eine bei dieser
Gelegenheit etwa anwendende Visitenkarte klargelegt werden
konnte3 4. Zudem war es die Hochzeit des Grafen, nicht ein Jubi-
läum des Fürsten; die geladenen Gäste gaben und verweigerten
formell den Grafen Palffy und Hoyos, der Sache nach dem jungen
Paare, die Ehre. In Berlin dirigierte man so, wie wenn über der
Einladung gestanden hätte: „Fürst Bismarck hat sein Erscheinen
in Aussicht gestellt“; man gab dem Fürsten gewissermaßen könig-
liche Ehren4. — Der Vorwand, daß Demonstrationen zu fürchten
1 Korrekt, aber nicht den Wortlaut des Erlasses (Nr. 8X) erschöpfend,
sagt Hamann, Der neue Kurs S. 38: „daß er (Prinz Reuß) als persönlicher
Vertreter des Kaisers“.
2 Quod universitati debetur singulis non debetur; nec quod debet Uni-
versitas, singuli debent, sagt der römische Jurist.
3 Nach dem Bericht des Prinzen Reuß hat Prinz Ratibor der Trauung
schließlich doch nicht beigewohnt, sondern wurde an das Krankenlager eines
der Kinder erster Ehe seiner Gemahlin nach Salzburg gerufen (Nr. 25s).
4 Bismarck G. u. E. 3, 117 fühlt bei Caprivi „psychologische Konse-
quenzen seiner tantalisierten Jugend“ als mögliche Motive mancher Hand-
 
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