Bismarcks großdeutsche Rundfahrt vom Jahre 1892.
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rung des Fürsten, er habe sich ohne Unhöflichkeit nicht melden
können, da die Zeit anfangs zu kurz bemessen gewesen sei, wird
die Sache sich nicht so abgespielt haben, wie der Bericht lautet,
es wird irgendwo ein höfisches Mißverständnis untergelaufen sein.
Graf Holnstein kann, nachdem es sich entschieden, daß Fürst
Bismarck einige Tage in München verweilen werde, von sich aus* 1
gebeten haben, daß S. Königl. Hoheit es nicht übel vermerken
möge, wenn Fürst Bismarck sich nicht gemeldet habe, da anfäng-
lich die Zeit zu kurz bemessen gewesen sei, worauf der Prinz-
Regent die Antwort gegeben hätte, die, nachdem die Reise beschlos-
sen war, als die einzig mögliche erscheint; es kann auch von sich
aus der Regent dem Grafen Holnstein gegenüber bedauert haben.
Noch eine weitere Erwägung liegt vor: Fürst Bismarck hat, wie die
H. N. melden, an beide Herren geschrieben (das Antwortschreiben
des Königs Albert wird noch einmal [Allg. Ztg. 1. 7.] aus Dresden
bestätigt2), über eine Münchener Antwort verlautet außer der Notiz
der H. N. nichts. Dagegen meldet Graf Eulenburg schon unterm
13. an den Kanzler die Mitteilung des Ministers v. Crailsheim über
das Gespräch mit Franz Lenbach.. Damals wird das Entschul-
digungsschreiben des Fürsten Bismarck noch nicht in den Händen
des Regenten gewesen sein, wohl aber einige Tage vor dem 22.,
als der Regent mit Graf Holnstein sprach, und die sehr gnädige
Antwort des Regenten könnte eben die an den Grafen Holnstein
gewesen sein, die Adelleicht bei dem Durchlauf durch den Minister
und den Preußischen Gesandten an Gnade eingebüßt hat. Der
sprach (G. u. E.2, 140), dem Grafen Henckel, indem er ihm, bei der 25.Wieder-
kehr des Tages des Frankfurter Friedensschlusses (1896), seinerseits durch
veröffentlichten Brief dankte, mit dem Schlüsse: „Besonders wohlthuend ist
mir das Gefühl, daß ich diese politische Mithülfe einem langjährigen und
sicheren Freunde verdanke“, — der Adelsbrief für den Charakter des Grafen,
späteren Fürsten Henckel. — Es mag mancher oppositionelle Abgeordnete
sich gewundert haben, seinen Namen im zweiten Bande der‘Gedanken und
Erinnerungen' nicht einmal durch Tadel verewigt zu sehen, und der Ministe-
rialdirektor Fritz v. Holstein würde wohl ähnlich empfunden haben, wenn er
den dritten Band erlebt und gesehen hätte, daß auf: ‘Hohepriester der
Juden' im alphabetischen Register sogleich 'Homer’ folgt.
1 oder in einseitiger Auffassung eines mehrdeutigen Wortes in einem
Schreiben von Bismarckscher Seite.
2 Der König hat dem preußischen Gesandten gesagt, daß Fürst Bismarck
ihm durch seinen Brief eine Verlegenheit erspart habe, da es „Ihm bei Seinen
langjährigenBeziehungen zumFürsten immerhin schwer geworden wäre“, „ihm
die Bitte um eine Audienz abzuschlagen.“ (Nr. 63h)
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rung des Fürsten, er habe sich ohne Unhöflichkeit nicht melden
können, da die Zeit anfangs zu kurz bemessen gewesen sei, wird
die Sache sich nicht so abgespielt haben, wie der Bericht lautet,
es wird irgendwo ein höfisches Mißverständnis untergelaufen sein.
Graf Holnstein kann, nachdem es sich entschieden, daß Fürst
Bismarck einige Tage in München verweilen werde, von sich aus* 1
gebeten haben, daß S. Königl. Hoheit es nicht übel vermerken
möge, wenn Fürst Bismarck sich nicht gemeldet habe, da anfäng-
lich die Zeit zu kurz bemessen gewesen sei, worauf der Prinz-
Regent die Antwort gegeben hätte, die, nachdem die Reise beschlos-
sen war, als die einzig mögliche erscheint; es kann auch von sich
aus der Regent dem Grafen Holnstein gegenüber bedauert haben.
Noch eine weitere Erwägung liegt vor: Fürst Bismarck hat, wie die
H. N. melden, an beide Herren geschrieben (das Antwortschreiben
des Königs Albert wird noch einmal [Allg. Ztg. 1. 7.] aus Dresden
bestätigt2), über eine Münchener Antwort verlautet außer der Notiz
der H. N. nichts. Dagegen meldet Graf Eulenburg schon unterm
13. an den Kanzler die Mitteilung des Ministers v. Crailsheim über
das Gespräch mit Franz Lenbach.. Damals wird das Entschul-
digungsschreiben des Fürsten Bismarck noch nicht in den Händen
des Regenten gewesen sein, wohl aber einige Tage vor dem 22.,
als der Regent mit Graf Holnstein sprach, und die sehr gnädige
Antwort des Regenten könnte eben die an den Grafen Holnstein
gewesen sein, die Adelleicht bei dem Durchlauf durch den Minister
und den Preußischen Gesandten an Gnade eingebüßt hat. Der
sprach (G. u. E.2, 140), dem Grafen Henckel, indem er ihm, bei der 25.Wieder-
kehr des Tages des Frankfurter Friedensschlusses (1896), seinerseits durch
veröffentlichten Brief dankte, mit dem Schlüsse: „Besonders wohlthuend ist
mir das Gefühl, daß ich diese politische Mithülfe einem langjährigen und
sicheren Freunde verdanke“, — der Adelsbrief für den Charakter des Grafen,
späteren Fürsten Henckel. — Es mag mancher oppositionelle Abgeordnete
sich gewundert haben, seinen Namen im zweiten Bande der‘Gedanken und
Erinnerungen' nicht einmal durch Tadel verewigt zu sehen, und der Ministe-
rialdirektor Fritz v. Holstein würde wohl ähnlich empfunden haben, wenn er
den dritten Band erlebt und gesehen hätte, daß auf: ‘Hohepriester der
Juden' im alphabetischen Register sogleich 'Homer’ folgt.
1 oder in einseitiger Auffassung eines mehrdeutigen Wortes in einem
Schreiben von Bismarckscher Seite.
2 Der König hat dem preußischen Gesandten gesagt, daß Fürst Bismarck
ihm durch seinen Brief eine Verlegenheit erspart habe, da es „Ihm bei Seinen
langjährigenBeziehungen zumFürsten immerhin schwer geworden wäre“, „ihm
die Bitte um eine Audienz abzuschlagen.“ (Nr. 63h)