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Ritter, Gerhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1922, 7. Abhandlung): Studien zur Spätscholastik, 2: Via antiqua und via moderna auf den deutschen Universitäten des XV. Jahrhunderts — Heidelberg, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.38041#0017
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Studien zur Spätscholastik. II.

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dernen Thomisten“(!) Nikolaus Magni und eine difficultas des
„Aprioristen“ Konrad Summenhart, deren eine deutlich jenes be-
kannte Schema des sic et non-Verfahrens zeigt, während die andere
in schlichterem und knapperem Fortschreiten mehr eine inhaltliche
Erörterung bietet. Irgendwie beweiskräftig würde diese Neben-
einanderstellung natürlich nur dann sein, wenn sich beweisen ließe,
daß die via antiqua prinzipiell jenes ältere Schema in ihren Demon-
strationen aufgegeben hätte. Die Frage wird uns noch zu beschäf-
tigen haben. Aber auch im Falle ihrer Bejahung würde die eigent-
liche Kernfrage offen bleiben: sollte die Einführung der via antiqua
nichts weiter bedeutet haben als eine gewisse Vereinfachung des
überkommenen Demonstrationsverfahrens ? Benary, der in dieser
Vereinfachung eine grundsätzliche (freilich nicht näher definierte)
Umgestaltung der Methode erblickt und das Wesen der via anti-
qua darin erschöpft sieht, hat naturgemäß die größten, von ihm
selbst aber nicht voll erkannten Schwierigkeiten, diese Auffassung
mit den zahlreichen entgegenstehenden Äußerungen der Quellen zu
vereinigen, die so gut wie ausnahmslos eine zunächst logische Dif-
ferenz der beiden ,,Wege“ mit den weitergreifenden Gegensätzen
der großen philosophischen Schulen in Verbindung bringen.
Unsere Fragestellung ist nunmehr deutlich: handelt es sich
bei dem Unterschied der via antiqua und moderna um das alte
Universalienproblem (Aventin), um eine Verschiedenheit mehr
des Fehrstoffes als der philosophischen Theorie (Prantl), um eine
literarische Fehde, die sich zu tiefgreifenden Gegensätzen des
philosophisch-theologischen Systems und der Weltanschauung aus-
wächst (Hermelink), oder endlich um einen bloß logisch-methodo-
logischen Gegensatz philosophisch neutraler Art (Benary) ? Und
weiterhin: ist die Einführung der via antiqua auf den deutschen Uni-
versitäten als eine Art Vorspiel bezw. als Parallelerscheinung zum
Eindringen des innerlich ihr verwandten Humanismus zu betrach-
ten (Zarncke, Janssen, Hermelink), steht sie im Zusammenhang
mit den innerkatholischen Beformversuchen des 15. Jahrhunderts
(Maurenrrecher) und stellt sie eine Beaktion dar gegen den
Triumph der nominalistischen Geistesrichtung in der Epoche der
großen Reformkonzilien (Zarncke) ?
Unser i berblick hat uns gezeigt, daß die Beantwortung dieser
Fragen bisher im wesentlichen nur nach systematischen Gesichts-
punkten versucht worden ist. Man sah die Gegensätze zwischen
Okkamismus, Thomismus und Skotismus sowie den zwischen via

Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., philos.-hist. Kl. 1922. 7.Abh.

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