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Immisch, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1923, 7. Abhandlung): Zur Frage der Plautinischen Cantica — Heidelberg, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.38048#0005
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Zur Frage der Plautinischen Gantica.

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Gestaltung der Cantica an erster Stelle gestanden“. Nehmen wir
hinzu, daß gerade das früheste Stück, der Mil elf der polymetrischen
Lieder ganz entbehrt. Zwar hatte Leo die Konstruktion von inner -
plautinischen Entwicklungen ganz abgelehnt und Schenkls Auf-
fassung bevorzugt, wonach derartige Unterschiede aus zufälligen
Personalverhältnissen der jeweiligen Truppe zu erklären sind. In-
dessen gerade für die Cantica konnte das nicht ins Gewicht fallen,
da hier ja mit dem cantare ad manum durch einen besonclern cantor
zu rechnen ist; denn daß die Tradition über diese Vortragsweise
zu Unrecht verdächtigt wurde, scheint mir ebenso sicher wie
Reitzenstein (Nachr. d. Göttinger Ges. d. Wiss. 1918, 246). Ist
aber die lyrische Kunst des Plautns als eine solche aufzufassen, die
so recht erst innerhalb seines Schaffens sich entfaltet, so fehlt nach
seinen Vorgängern hin diejenige Kontinuität der Formentwicklung,
ohne die Fraenkels Gesamtanschauung, wenn ich recht sehe,
schwerlich bestehen kann. Für Leo dagegen lag hier keine Schwie-
rigkeit. ,,Es scheint,“ sagt er in der Literaturgeschichte I 91, ,,daß
Naevius die Ausbildung der Metrik vorbereitet hat, die wir dann
bei Plautns finden und die mehr für die dramatische Gestalt der
Komödie zu bedeuten hat als der flüchtige Anblick zeigt.“ Also
vor Plautus nur Ansatz und Wegebereitung, während nach Fraen-
kel die Tragödie da schon alles Wesentliche vorgeformt hätte. Es
ist schade, daß wir den Tatbestand bei Naevius nicht genau fest-
steilen können; denn leider verbleibt es hinsichtlich seiner Lyrica
fast ganz bei dem allgemeinen Zeugnis des Diomedes, wonach er
mit Plautus und Afranius die reichliche Verwendung der clausulae
in den Gantica teilte (Gr. L. VI 79, 1 ff.). Fraenkel allerdings legt
großen Wert auf das angeblich lyrische Komödienfragment 25,
das er kretisch mißt, also nach einem der zwei Lieblingsmaße des
Plautus: hdc sibi prospica, hac despica. Es mag wirklich aus einer
Komödie sein, trotz der heillosen Korruptel des Titels assitogiola.
Aber die kretische Messung ist keineswegs sicher und kann durch
das anapliorische Klangspiel, das allerdings in kretischen Versen
beliebt gewesen ist, höchstens empfohlen, nicht aber zwingend er-
wiesen werden. Geradesogut kann es ein Senar sein: hac sibi
prospica, hac despica, für Naevius vielleicht noch unhiatisch (pro-
spicad), oder nach Leos Theorie mit einer dem Digamma vergleich-
baren Nachwirkung des d, oder aber mit dem Jacobsohn sehen Ein-
schnitt hinter der 4. Hebung zu rechtfertigen (Quaest. Plaut., Diss.
Göttingen 1904), oder schließlich, falls man daran glaubt, auch mit
 
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