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Immisch, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1923, 7. Abhandlung): Zur Frage der Plautinischen Cantica — Heidelberg, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.38048#0013
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Zur Frage der Plautinischen Gantica.

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lind zeitlicher Aktualitäten, ohne die man sich das Brettl und was
ihm verwandt ist überhaupt nicht zu denken vermag. Hier ist denn
wohl auch die wahre Heimat gewisser plautinischer Graeca, die
ebenso offensichtlich volkstümlich wie für uns literarisch anschluß-
los sind, z. B. thermipolium. Fraenkel (157) zieht allerdings vor
an ein süditalisches Lehnwort der Römer selbst zu denken, aber da
ist es auffällig, daß es in dieser Eigenschaft sonst nirgend zutage
tritt. Auch bei jenem Bruchteil der plautinischen Eigennamen, die
von gleicher Art sind, ist die bekannte Untersuchung von K. Schmidt
zu einem Ergebnis gekommen, in welchem der Verfasser selbst eine
Art Bestätigung der LEoschen Hypothese sieht (Herrn. XXXVII
1902, 625). Ferner sei an den άρρην ερως bei Plautus erinnert,
einerseits wahrlich nichts spezifisch Römisches (trotz der Togata),
andererseits dem Menander fremd (ούτε παιδος ερως άρρενός έστιν έν
τοσούτοις δράμ,ασιν, Plutarch, qu. symp. VII 8, 712 C).
Für unsere Frage nach den Gantica ist jetzt die Hauptsache,
daß die von Leo dafür in Anspruch genommenen Gattungen denn
doch etwas kenntlicher sind als es zunächst scheint, und daß sie
mit der plautinischen Art weitaus mehr gemeinsam gehabt haben
müssen als nur den Gebrauch der Lieder. Was aber deren Ver-
wendung erleichterte, war ganz besonders die Lockerheit des Ganzen
durch Auflösung des originalen Gefüges. Hierbei müssen wir etwas
verweilen, zumal gerade Fraenkel so schön gezeigt hat, wie charak-
teristisch für Plautus eben dieses Auflockern ist, das Verselb-
ständigen der Einzelszene. Um dem gerecht zu werden, ist es nötig,
daß man sich jene hellenistischen Nach- und Auswüchse der klas-
sischen Komödie, das bunte Weiterleben ihrer υποθέσεις nicht
allzu unterliterarisch und ungepflegt vorstellt, sondern den Zu-
sammenhang beachtet, in welchem auch diese Gattungen mit ge-
wissen Grundneigungen des kultivierten hellenistischen Geschmak-
kes sich befinden, eben durch die Gelöstheit ihrer Form. Ich
beziehe mich hier auf die feinen Darlegungen meines Kollegen
Deubner (Ilbergs Jahrbücher 1921, 361 ff.), der vom Stilprinzip der
Abwechslung her und dem damit verknüpften Neuerungsbedürfnis
auch jener Auflösungen und Verselbständigungen auf dem Boden
des Dramas gedenkt, die z. B. bei Lykophron den Botenbericht
zum Monodrama ausgestalten und in der Idilarodie die tragische
Monodie in selbständige dramatische Lyrik umsetzen können. Er hat
nun auch an dieser Stelle das vermutlich der Technitenbühne ent-
lehnte Vorbild eingereiht, das Seneca zu seinen Phoenissen anregte.
 
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