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Christian JBaitholomae.
nasubha- wieder; ich zweifle doch sehr, daß er dabei an 'ange-
füllte' Schönheiten gedacht hat. Es ist, wie ich ausdrücklich
bemerke, keineswegs etwa so, daß Neryosang PVR überall mit
sampurnna- übersetzt hätte; anderswo hat er pracura-, prabhuta-
5 dafür genommen; es sind ihm also die beiden Bedeutungen
unseres PVR wohl bekannt.
Zweite Abteilung.
21. Ich kann nicht abschließen, ohne mich auch zur Ver-
tretung des ar. r im Iranischen ausführlicher zu äußern, in Er-
io gänzung dessen, was ich oben S. 17 ff. mehr in negativer Weise aus-
geführt habe, wenn das auch nicht in den ursprünglichen Plan
meiner Abhandlung aufgenommen war.
Meine früher ausgesprochene Meinung, es sei das ar. r in
uriran. Zeit noch als Sonant gesprochen worden, GIrPh. 1. 24, ist
15 falsch. Das ar. r war kein reiner Sonant mehr, aber der daraus
entwickelte «Verkürze sonantische Vokal hatte noch keine aus-
gesprochene i- oder w-Färbung: Ansätze dazu waren vorhanden,
und zwar schon von arischer Zeit her, s. § 22, 32, aber deren
weitere Ausbildung ist erst späterhin erfolgt.1)
20 Ganz ähnliches gilt von den ar. silbischen r-Lauten fürs In-
dische.
Für ar. f haben wir im Alnd. ur in purnä- 'gefüllt', mür-
clhän- 'Kopf, gurtä- 'willkommen geheißen', usw.; dagegen ir in
Irsyd- 'Neid’, kirtäy- 'Ruhm', dirnä- 'zerrissen5, usw. Daß das
25 aind. ir auf irgend welchem Weg aus ur hervorgegangen sei, hat
noch niemand behauptet, und wird wohl niemand behaupten
wollen; auch nicht für solche Wörter, bei denen ur und ir neben
einander bezeugt sind, wie zB. ai. jurncl- 'zermorscht — jirnä-,
mr. tüharn 'Furt' — tittham (— ai. tirthäm; s. dazu ZDMG. 50. 680f.).
30 Das nämliche Schwanken zwischen den beiden Endpunkten
der Vokallinie finden wir im Alnd. auch in der Vertretung des
ar. f, das ja mit f in engsten Beziehungen steht (s. S. 31).
Neben gnrtäh haben wir gurasva, neben pürnäh purävah, neben
irsyä irasydti, neben kirtih carkiran. Und auch hier kommt das
35 b Man beachte auch, was Scheftelowitz Scripta . . Hierosol. 16 aus den
aramäischen Papyri für die Aussprache der iranischen Nachform des ar. r
hier bringt. Nirgends erscheint ein u oder i vor dem r.
Christian JBaitholomae.
nasubha- wieder; ich zweifle doch sehr, daß er dabei an 'ange-
füllte' Schönheiten gedacht hat. Es ist, wie ich ausdrücklich
bemerke, keineswegs etwa so, daß Neryosang PVR überall mit
sampurnna- übersetzt hätte; anderswo hat er pracura-, prabhuta-
5 dafür genommen; es sind ihm also die beiden Bedeutungen
unseres PVR wohl bekannt.
Zweite Abteilung.
21. Ich kann nicht abschließen, ohne mich auch zur Ver-
tretung des ar. r im Iranischen ausführlicher zu äußern, in Er-
io gänzung dessen, was ich oben S. 17 ff. mehr in negativer Weise aus-
geführt habe, wenn das auch nicht in den ursprünglichen Plan
meiner Abhandlung aufgenommen war.
Meine früher ausgesprochene Meinung, es sei das ar. r in
uriran. Zeit noch als Sonant gesprochen worden, GIrPh. 1. 24, ist
15 falsch. Das ar. r war kein reiner Sonant mehr, aber der daraus
entwickelte «Verkürze sonantische Vokal hatte noch keine aus-
gesprochene i- oder w-Färbung: Ansätze dazu waren vorhanden,
und zwar schon von arischer Zeit her, s. § 22, 32, aber deren
weitere Ausbildung ist erst späterhin erfolgt.1)
20 Ganz ähnliches gilt von den ar. silbischen r-Lauten fürs In-
dische.
Für ar. f haben wir im Alnd. ur in purnä- 'gefüllt', mür-
clhän- 'Kopf, gurtä- 'willkommen geheißen', usw.; dagegen ir in
Irsyd- 'Neid’, kirtäy- 'Ruhm', dirnä- 'zerrissen5, usw. Daß das
25 aind. ir auf irgend welchem Weg aus ur hervorgegangen sei, hat
noch niemand behauptet, und wird wohl niemand behaupten
wollen; auch nicht für solche Wörter, bei denen ur und ir neben
einander bezeugt sind, wie zB. ai. jurncl- 'zermorscht — jirnä-,
mr. tüharn 'Furt' — tittham (— ai. tirthäm; s. dazu ZDMG. 50. 680f.).
30 Das nämliche Schwanken zwischen den beiden Endpunkten
der Vokallinie finden wir im Alnd. auch in der Vertretung des
ar. f, das ja mit f in engsten Beziehungen steht (s. S. 31).
Neben gnrtäh haben wir gurasva, neben pürnäh purävah, neben
irsyä irasydti, neben kirtih carkiran. Und auch hier kommt das
35 b Man beachte auch, was Scheftelowitz Scripta . . Hierosol. 16 aus den
aramäischen Papyri für die Aussprache der iranischen Nachform des ar. r
hier bringt. Nirgends erscheint ein u oder i vor dem r.