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Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 2. Abhandlung): Der Kampf des geistlichen und weltlichen Rechts — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38924#0010
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10

Hans v. Schubert:

Promulgation zu schneller und leichter Ausbreitung nicht geeig-
net1 — als ein Ganzes rezipieren, übernehmen, einführen konnte
man es gar nicht. Wiederum dies hing zusammen — ein vierter
Punkt — mit der langsamen Zentralisierung der römischen Ver-
fassung, der Umbildung der Republik zum Prinzipat, des Prinzipats
zum Dominat, des Föderativ- zum Einheitsstaat. Erst im Lauf
des 3. Jahrhunderts wurden die kaiserlichen Konstitutionen zur
einzigen Rechtsquelle. Nun stand der Staat allerdings als eine
geschlossene Rechtspersönlichkeit da2.
Endlich ein Fünftes. Das Verhältnis des römischen Staates zu
seiner Religion war eng, mag man dabei an den alten Staatskult und
seine pontifices und augures denken oder an den neuen Kult der urhs
Roma und des Kaisers. Dennoch, seit die Rechtsfindung aus den
Händen der pontifices und ihres Vorstandes, des pontifex maximus,
in die Hände der Praetoren gelegt, das ius civile also säkularisiert
war, gab es zwar noch ein streng beobachtetes Sakralrecht als
einen Teil des Staatsrechtes3, aber dies Sakralwesen hatte mit der
Regulierung des Lebens wenig zu tun; die Religionspflege er-
schöpfte sich in Opfer und Gebet, Weihe und Entsühnung, Orakel
und Wunderdeutung. Die offizielle Religion war kein Wortkultus
mit sittlichen Vorschriften, die mit göttlicher Autorität das Leben
ergreifen und also dicht ans bürgerliche Recht heranreichen. Dem
Staatskult blieb man mit dem Staat unterworfen, aber da, ab-
gesehen von dem, was in den vier Wänden des Hauses sich an kul-
tischen Handlungen vollzog, das Verhältnis des einzelnen zur
öffentlichen Religion passiv, im wesentlichen das des Zuschauers
war, so traf auch das Sakralrecht mit seiner Strenge den einzelnen
nur dann, wenn dieser in die Lage versetzt wurde, namentlich als
Beamter und Militär, aktiv Stellung nehmen zu müssen. Dazu trat,
daß mit den peregrini auch die fremden Kulte kamen und bis auf
wenige Ausnahmen staatliche Duldung und vereinsrechtliche Ge-
nehmigung fanden, mit ihren eigenen Sodalitäten, gemeinde-
ähnlichen Bildungen, Religionsgesellschaften z. T. mit sozialen
Nebenzwecken, z. T. mit Geheimlehren und -Vorschriften auch
1 P. Joers, Röm. Rechtswiss. z. Z. d. Rep., S. 158f. (1888); Kübler,
a. a. O., S. 133, 141, 256, 378.
2 Kuhlenbeck, a. a. O., S. 296 ff.; Kübler, a. a. O., S. 252 ff.
3 Vgl. J. Marquardt, Röm. Staatsverwaltung III, Teil IV (Das Sacral-
wesen) S. 1—461 (1878); Th. Mommsen, Röm. Staatsrecht III, 2 (das
Sacralwesen) S. 1049ff. (1888).
 
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