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Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 2. Abhandlung): Der Kampf des geistlichen und weltlichen Rechts — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38924#0036
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36

Hans v. Schubert:

Schwabenspiegel; auch in Dänemark stammen die Aufzeichnungen
des Landrechts, auch des wichtigsten, des jütischen Low, das all-
mählich die anderen Rechte verdrängte, aus demselben Jahrhun-
dert1. Nur langsam wächst man aus der Stufe des ungeschriebenen
Gewohnheitsrechtes heraus; in Frankreich unterscheidet man
lange den Norden als das Land des droit de coutume von dem
Süden als dem des droit ecrit2. Kann man sich wundern, daß das
kanonische Recht in der neuen klassischen Form, vom allmächtigen
Rom selbst an die jungen Universitäten und die Gerichtshöfe ver-
schickt und gelehrter wie praktischer Rehandlung empfohlen, sieg-
reich überall ein- und vordringt3. Das Studium des geistlichen
Rechts blüht auch außerhalb Raliens auf; seine Graduierten, die
Doktoren des Dekretalenrechtes sind begehrte Leute an den Höfen
der Bischöfe und an allen kirchlichen Anstalten. Und von hier geht
dann der Einfluß in die Laienwelt, die man unter allen möglichen
Titeln der geistlichen Gerichtsbarkeit zu unterwerfen strebt — nach
einer Entscheidung von 1329 mit einer Ausdehnung der Zustän-
digkeit auf alle Fälle, bei denen nach Ansicht des Geschädigten eine
Sünde vorliegt4 * — und die ihrerseits das geistliche Gericht sucht,
weil sein Prozeßgang strenger und klarer war. So schiebt sich das
päpstliche Kirchenstaatstum, dem die Könige Lehnshuldigung
schulden, mit seinem Recht über den Staat und sein Recht über-
all herüber, macht sie seiner ausgebildeten Finanzverwaltung dienst-
bar, während es sich selbst abgabenfrei hält, und zieht die letzte
Entscheidung in allen Fällen an die Quelle alles Rechts, nach Rom.
Es ist also nicht ganz einfach zu erklären, wie es kam, daß
die Wage doch umschlug und so jäh umschlug, und daß dem ein
langer Prozeß stetigen Vordringens des weltlichen Rechtes folgte.
Man wird drei Gruppen von Gedanken, drei positive Gründe für
diese Stärkung des weltlichen Rechtes anführen können, der auf
1 Brunner-Heymann, Grundzüge der RG.7, S. 109ff.; Cl. v. Schwerin,
Deutsche RG. (in Meisters Grundriß), S. 26ff.; Schröder-v. Künssberg6,
S. 718ff.; C. F. Allen, Hist, de Danmark I, 133 (1878); H. Matzen, Forelses-
ninger over den danske Retshistorie I, 193ff. (1897); P. J. Jergensen, Udsigt
over den danske Retshistorie3 I, 43 ff. (1926).
2 Warnkönig und Stein, Franzos. Staats- und Rechtsgeschichte II,
31 ff., (1848); E. Glasson, Hist, du droit et des institutions IV, 14ff. (1891),
E. Chenon, Hist, gener. du droit frangais S. 489ff. (1926).
3 Hinschius, KR. III, 734f.; K. Müller, KG. I, 545, 593. Das kan.
Recht macht sich auch im jütischen Low geltend.
4 In Ausdehnung des Satzes c. 13 X de iudic. II, 1. Iv. Müller, KG.
I, 594, A. 1, 560, A. 1.
 
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