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Hans v. Schubert:
gewaltige zweite Friedrich dem das Recht beherrschenden, ihn
gegen jeden ordo iuris absetzenden Papste gegenüber sich auf den
römischen Satz zu berufen wagte: princeps legibus solutus est, der
Fürst ist von den Gesetzen entbunden — Majestät gegen Majestät1!
Was aber von den Kaisern galt, warum nicht auch von den
Königen, warum nicht von den principes überhaupt ? Ludwig der
Bayer nannte sich schon, ehe er Kaiser wurde, supra ius, und Karl IV.
übertrug die römisch-rechtlichen Bestimmungen über das Majestäts-
verbrechen auch auf die deutschen Kurfürsten2. Das Interesse der
Höfe, auch der kleinen, die alle auf Stärkung, Abrundung und
Vereinheitlichung ihrer territorialen Herrschaft ausgingen, traf sich
mit der Tendenz der neuen legistischen, italienischen Schule, das
alte und fremde römische Recht seiner unbrauchbaren Teile zu
entkleiden, umzuformen und dadurch anwendbar zu machen; das
gab den beiden römischen Rechten gegenüber gerade die umgekehrte
Stellung wie bei den Kanonisten; während diese von der kaiser-
lichen Gesetzgebung nur aufnahmen, was ihrer kirchlichen Gesamt-
auffassung nicht widersprach, nahmen nun die Legisten vom kano-
nischen Recht nur, was ihnen paßte3. Der Fürst brauchte überall,
nicht nur in Frankreich, seine Kronjuristen, um die feudalistische
und die ihr folgende ständische Konkurrenz zu beseitigen; er
brauchte eine rechtlich geschulte Beamtenschaft zum Aufbau eines
neuen Staates; er brauchte vor allem ein weltliches Gerichtsverfah-
ren, das die Vorzüge der geistlichen Gerichtsbarkeit besaß, sie aber
übertraf. Die auf den italienischen Hochschulen sich den neuen
Doktorhut auch des römischen Rechtes oder gar beider Rechte
geholt hatten, wurden bei Fürst und Magistrat besonders gesuchte
Leute. Die Gründung der ersten deutschen Universität Prag, bei
der das Bologneser Vorbild neben dem Pariser deutlich erkennbar
ist, war auch von dem Wunsche eingegeben, solche Beamtenschule
im eigenen Lande zu haben. Langsam, erst theoretisch, dann seit
1 Enzyklika contra depositionis sententiam, Juli Sept. 1245, Mon. Germ.,
Const., II, 365iq, (imperator Rom., imperialis rector et dominus maiestatis, laesae
maiestatis dicitur crimine condempnatus, per quam ridiculose subicitur legi,
qui legibus omnibus imperialiter est solutus, de quo temporales poenae sumendae,
cum temporalem hominem superiorem non habeat, non sunt in homine, sed in
Deo), vgl. 1. 31 Dig. I, 3. Stobbe, Geschichte der deutschen Rechtsquellen
I, 619, A. 29 (1860).
2 MG., Const. V, 71129 (9. IV. 1324): Stobbe, a. a. O.; Schroder-
von Künssbf.rg, RG.g, S. 866.
3 SCHRODER-VON KÜNSSBERG, RG.6, S. 867 f.
Hans v. Schubert:
gewaltige zweite Friedrich dem das Recht beherrschenden, ihn
gegen jeden ordo iuris absetzenden Papste gegenüber sich auf den
römischen Satz zu berufen wagte: princeps legibus solutus est, der
Fürst ist von den Gesetzen entbunden — Majestät gegen Majestät1!
Was aber von den Kaisern galt, warum nicht auch von den
Königen, warum nicht von den principes überhaupt ? Ludwig der
Bayer nannte sich schon, ehe er Kaiser wurde, supra ius, und Karl IV.
übertrug die römisch-rechtlichen Bestimmungen über das Majestäts-
verbrechen auch auf die deutschen Kurfürsten2. Das Interesse der
Höfe, auch der kleinen, die alle auf Stärkung, Abrundung und
Vereinheitlichung ihrer territorialen Herrschaft ausgingen, traf sich
mit der Tendenz der neuen legistischen, italienischen Schule, das
alte und fremde römische Recht seiner unbrauchbaren Teile zu
entkleiden, umzuformen und dadurch anwendbar zu machen; das
gab den beiden römischen Rechten gegenüber gerade die umgekehrte
Stellung wie bei den Kanonisten; während diese von der kaiser-
lichen Gesetzgebung nur aufnahmen, was ihrer kirchlichen Gesamt-
auffassung nicht widersprach, nahmen nun die Legisten vom kano-
nischen Recht nur, was ihnen paßte3. Der Fürst brauchte überall,
nicht nur in Frankreich, seine Kronjuristen, um die feudalistische
und die ihr folgende ständische Konkurrenz zu beseitigen; er
brauchte eine rechtlich geschulte Beamtenschaft zum Aufbau eines
neuen Staates; er brauchte vor allem ein weltliches Gerichtsverfah-
ren, das die Vorzüge der geistlichen Gerichtsbarkeit besaß, sie aber
übertraf. Die auf den italienischen Hochschulen sich den neuen
Doktorhut auch des römischen Rechtes oder gar beider Rechte
geholt hatten, wurden bei Fürst und Magistrat besonders gesuchte
Leute. Die Gründung der ersten deutschen Universität Prag, bei
der das Bologneser Vorbild neben dem Pariser deutlich erkennbar
ist, war auch von dem Wunsche eingegeben, solche Beamtenschule
im eigenen Lande zu haben. Langsam, erst theoretisch, dann seit
1 Enzyklika contra depositionis sententiam, Juli Sept. 1245, Mon. Germ.,
Const., II, 365iq, (imperator Rom., imperialis rector et dominus maiestatis, laesae
maiestatis dicitur crimine condempnatus, per quam ridiculose subicitur legi,
qui legibus omnibus imperialiter est solutus, de quo temporales poenae sumendae,
cum temporalem hominem superiorem non habeat, non sunt in homine, sed in
Deo), vgl. 1. 31 Dig. I, 3. Stobbe, Geschichte der deutschen Rechtsquellen
I, 619, A. 29 (1860).
2 MG., Const. V, 71129 (9. IV. 1324): Stobbe, a. a. O.; Schroder-
von Künssbf.rg, RG.g, S. 866.
3 SCHRODER-VON KÜNSSBERG, RG.6, S. 867 f.