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Hans v. Schubert:
Es würde trotzdem so siegreich nicht gewesen sein, wenn nicht
die Stützen des geistlichen sich so schwach erwiesen hätten. Damit
kommen wir schließlich kurz zu den Gründen, die auf seiten der
Kirche den Sieg des Staates begünstigten. Noch einmal sei es
gesagt: erst die Macht, die die Durchführung des Rechtssatzes
erzwingt, vollendet das Recht — sonst bleibt es Anspruch, Postulat.
Selbst im neuesten und geläufigsten deutschen Lehrbuch des katho-
lischen Kirchenrechts von Sägmüller kann man die Sätze lesen:
,, Je mehr eine Gesellschaft diese Erzwingbarkeit hat, desto voll-
kommener ist ihr Recht, wenigstens in der äußeren Erscheinung.
Am vollkommensten erscheint das Recht also im Staate* 1.“ Und
wenn dann auch Sägmüller die Erzwingbarkeit nicht als ein
wesentliches, nur als ein integrierendes, d. h. eben zur Vollständig-
keit gehörendes Merkmal des Rechtes gelten lassen will, oder den
kirchlichen Mitteln einen psychischen Zwang zuschreibt, der den
physischen des Staates sogar übertreffe2 *, so ändert das nichts an
der Tatsache, daß das geistliche Recht mit dem weltlichen in der
unmittelbaren Anwendung physischer Gewalt nicht hat konkurrieren
können: trotz Kirchenstaat und Papstmiliz, schließlich war die
Kurie doch immer darauf angewiesen, die eine weltliche Macht
gegen die andere auszuspielen, um ihre eigene geistliche durch-
zusetzen. Philipp der Schöne nahm nicht nur den einzelnen Papst
gefangen, sondern das ganze Papsttum, versetzte es für ein
Jahrhundert an die Ufer der Rhone und hieß die Ansprüche
des geistlichen Rechts denen des französischen Staates dienstbar
werden.
Schlimmer war noch das zweite: das geistliche Recht wurde
in sich selbst uneins, geriet in Zersetzung bis zur Selbstauflösung.
An einer Rechtsfrage entstand das große Schisma: wer war im
Jahre 1378 der rechtmäßig Gewählte? An den Menschlichkeiten
lotaliter divinus), 8, 9 (quasi semideus), 13 (deo conformior) usw. R. Scholz,
Publizistik, S. 109f.; Wenck S. 7. Das Werk war dem jungen Philipp dem
Schönen vor seinem Regierungsantritt 1285 gewidmet.
1 J. B. Sägmüller, KR.4 (1927), S. 3. In diesem Zusammenhänge
bestimmt er „das Wesen des Rechts“ als „in einem inneren Zwange'''' bestehend,
der „dem äußeren als eine innere, vernünftige Notwendigkeit“ zugrunde liege.
2 Ibid. S. 9. Diese Gewalt wende sich in Zeiten des Konflikts auch
gegen den Staat selbst. Und daß auch „der physische Zwang“ der Kirche
„als Gesellschaft von Menschen“ (in der 3. Auflage „an sich“) prinzipiell zu-
stehe, wenn schon sie „faktisch fast ganz auf den hier heute exklusiv auf-
tretenden Staat angewiesen“ sei, wird daneben zum Ausdruck gebracht.
Hans v. Schubert:
Es würde trotzdem so siegreich nicht gewesen sein, wenn nicht
die Stützen des geistlichen sich so schwach erwiesen hätten. Damit
kommen wir schließlich kurz zu den Gründen, die auf seiten der
Kirche den Sieg des Staates begünstigten. Noch einmal sei es
gesagt: erst die Macht, die die Durchführung des Rechtssatzes
erzwingt, vollendet das Recht — sonst bleibt es Anspruch, Postulat.
Selbst im neuesten und geläufigsten deutschen Lehrbuch des katho-
lischen Kirchenrechts von Sägmüller kann man die Sätze lesen:
,, Je mehr eine Gesellschaft diese Erzwingbarkeit hat, desto voll-
kommener ist ihr Recht, wenigstens in der äußeren Erscheinung.
Am vollkommensten erscheint das Recht also im Staate* 1.“ Und
wenn dann auch Sägmüller die Erzwingbarkeit nicht als ein
wesentliches, nur als ein integrierendes, d. h. eben zur Vollständig-
keit gehörendes Merkmal des Rechtes gelten lassen will, oder den
kirchlichen Mitteln einen psychischen Zwang zuschreibt, der den
physischen des Staates sogar übertreffe2 *, so ändert das nichts an
der Tatsache, daß das geistliche Recht mit dem weltlichen in der
unmittelbaren Anwendung physischer Gewalt nicht hat konkurrieren
können: trotz Kirchenstaat und Papstmiliz, schließlich war die
Kurie doch immer darauf angewiesen, die eine weltliche Macht
gegen die andere auszuspielen, um ihre eigene geistliche durch-
zusetzen. Philipp der Schöne nahm nicht nur den einzelnen Papst
gefangen, sondern das ganze Papsttum, versetzte es für ein
Jahrhundert an die Ufer der Rhone und hieß die Ansprüche
des geistlichen Rechts denen des französischen Staates dienstbar
werden.
Schlimmer war noch das zweite: das geistliche Recht wurde
in sich selbst uneins, geriet in Zersetzung bis zur Selbstauflösung.
An einer Rechtsfrage entstand das große Schisma: wer war im
Jahre 1378 der rechtmäßig Gewählte? An den Menschlichkeiten
lotaliter divinus), 8, 9 (quasi semideus), 13 (deo conformior) usw. R. Scholz,
Publizistik, S. 109f.; Wenck S. 7. Das Werk war dem jungen Philipp dem
Schönen vor seinem Regierungsantritt 1285 gewidmet.
1 J. B. Sägmüller, KR.4 (1927), S. 3. In diesem Zusammenhänge
bestimmt er „das Wesen des Rechts“ als „in einem inneren Zwange'''' bestehend,
der „dem äußeren als eine innere, vernünftige Notwendigkeit“ zugrunde liege.
2 Ibid. S. 9. Diese Gewalt wende sich in Zeiten des Konflikts auch
gegen den Staat selbst. Und daß auch „der physische Zwang“ der Kirche
„als Gesellschaft von Menschen“ (in der 3. Auflage „an sich“) prinzipiell zu-
stehe, wenn schon sie „faktisch fast ganz auf den hier heute exklusiv auf-
tretenden Staat angewiesen“ sei, wird daneben zum Ausdruck gebracht.