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Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 2. Abhandlung): Der Kampf des geistlichen und weltlichen Rechts — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38924#0055
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Der Kampf des geistlichen und weltlichen Rechts.

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protestantische Staat ansetzt, so hier bei den Habsburgern, Wittels-
bachern und geistlichen Fürsten der neue katholische Staat, der
nun auch die andersgesinnten Elemente von sich ausstößt und da-
durch einen reiner katholischen Charakter annimmt, als der spät-
mittelalterliche, von ketzerischer Unruhe durchschütterte, von
Reformideen durchzogene ihn noch besaß. Dem Staat der Refor-
mation tritt der Staat der Gegenreformation gegenüber. Daß dieser
sich von dem jüngeren ketzerischen Bruder moralisch in dem Be-
streben gestützt sah, seine Autorität auch gegen das gerettete Rom,
um das man sich so verdient gemacht hatte, zu behaupten — das
sahen wir vorhin. Allein das ist doch nur die eine Seite der Sache,
die andere in diesem Zusammenhänge wichtigere, daß nun wieder
die eine große Voraussetzung unzweifelhaft vorhanden war, das
gläubige Objekt, die Masse, die bereit war von dem höchsten
Gesetzgeber, Verwalter und Richter in Rom höchstes Recht anzu-
nehmen — ein corpus catholicorum gegenüber dem corpus evan-
gelicorum nicht nur auf den deutschen Reichstagen, sondern schließ-
lich in der ganzen Welt. Als das Zeitalter Philipps II. und Fer-
dinands II. herankam, fühlte man sich hier mindestens so soli-
darisch, wie dort die Leute vom Geiste der Elisabeth, Gustaf
Adolphs und Cromwells.
Freilich mußte dazu die zweite Voraussetzung erfüllt sein: das
göttliche Subjekt, der Träger des geistlichen Rechtes in Rom,
mußte seiner Mission wieder bewußt werden, der Schein mußte
wieder zum Wesen werden. Die Reorganisation hob an mit der
Bildung eines neuen Offizierkorps, das sich dem Monarchen zur
Verfügung stellte: „wer in unserer Gesellschaft, die wir mit dem
Namen Jesu zu bezeichnen wünschen, unter dem Feldzeichen des
Kreuzes Gott Kriegsdienst leisten und allein dem Herrn und dem
römischen Papst als seinem Stellvertreter auf Erden dienen will“
•— heißt es in der ersten Regel des Jesuitenordens1. Und die Er-
kenntnis ihrer Aufgaben, ihrer Würde, ihrer großen Vergangenheit
begann langsam an der Kurie wieder zu erwachen. Paul IV. Caraffa
erinnerte mit schwerem Ernst die Welt daran2, daß der Statt-
halter Christi über Völker und Reiche die Fülle der Macht habe
und, selbst von niemandem zu richten, alle richte—wie alle Geist-
lichen, so auch alle Weltlichen, auch Herzoge, Könige und Kaiser.
1 In der Bulle Pauls III. Regimini militantis ecclesiae vom 27. IX. 1540,
bei Mirbt S. 27328ff.
2 Bulle Gum ex apostolatus officio v. 15. II. 1559, §1, bei Mirbt S.288f.
 
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