58
Hans v. Schubert:
schuh“ um seines mönchischen Ernstes willen verspottete, hat kraft
der Autorität, die ihn auf diesen höchsten Thron der Gerechtigkeit
gesetzt, den mächtigsten Thron der protestantischen Welt zu
stürzen unternommen, indem er 1570 die Königin Elisabeth von
England nicht nur bannte, sondern jedes Rechtes auf den könig-
lichen Stuhl, jedes Besitzes und jeder Würde in allen Formen des
römischen Prozesses entkleidete, die Untertanen ihres Gehorsams-
eides entband und den Widerstand gegen die Anordnungen der
Königin bei Strafe des Anathemas zur höchsten Pflicht machte1.
Es sind Töne mittelalterlicher Herrschaftsansprüche über die ganze,
nicht nur die katholische Welt, wenn Innozenz X. den Frieden,
den die erschöpfte katholische und evangelische Christenheit nach
SOjährigem Ringen gemeinsam beschloß, als ,,ipso iure“ null und
nichtig bezeichnete und dabei noch besonders monierte, daß man
im Reiche die vom apostolischen Stuhl begrenzte Siebenzahl der
deutschen Kurfürsten, ohne ihn zu fragen, auf acht und noch dazu
zugunsten eines Protestanten gebracht habe2. Noch an der
Schwelle des preußischen Königtums steht der Protest Roms:
eine Rechtsverletzung gegen den apostolischen Stuhl, zuwider den
heiligen Kanones sei der Vorgang in Königsberg, belehrte Cle-
mens XI. 1701 Regierungen und Kardinäle3.
Man mag das als Rückzugsgefechte beurteilen, immerhin,
kein Prinzip war aufgegeben. Die Zukunft blieb jeder Möglichkeit
offen. Diese Zukunft schien freilich immer ungünstiger für ein
geistliches Recht zu werden. Wir zeichneten oben die Zeit von
Ludwig XIV. bis Napoleon als die letzte und vollkommenste Stufe
des Staatskirchentums in dem katholischen Gebiet, sie ist zugleich
die Zeit, da Protestantismus und protestantischer Geist langsam
auch den Boden der geschlossen katholischen Gebiete auflockerten.
1 Bulle Regnans in excelsis v. 25. II. 1570 (Mirbt S. 348f.). Über sie
und ihre Wirkung auf England A. O. Meyer, England und die kath. Kirche
unter Elisabeth u. d. Stuarts I, 60ff. (Bibi. d. Preuß. Hist. Instituts in Rom
VI. 1911).
2 Bulle Zelo domus dei v. 20. XI. 1648: — ipso iure nulla, irrita, inva-
lida, iniqua, iniusta, damnata, reprobata viribusque et effectu vacua omnino fuisse
et esse et perpetuo fore — (Mirbt S. 3835ff., 3823gff.)
3 Oratio consistorialis v. 18. IV. 1701 (u. Schreiben an Kaiser Leopold
v. 16. IV.): Hoc factum quantum apostolicae sedi iniuriosum, quantum sacris
canonibus, quibus haereticum principem antiquis potius cadere quam novis augeri
honoribus constitutum est, adversum fuerit — audax et irreligiosum eius modi
facinus (Clem. XI. opp. p. I, 5, II, 43, Mirbt S. 393).
Hans v. Schubert:
schuh“ um seines mönchischen Ernstes willen verspottete, hat kraft
der Autorität, die ihn auf diesen höchsten Thron der Gerechtigkeit
gesetzt, den mächtigsten Thron der protestantischen Welt zu
stürzen unternommen, indem er 1570 die Königin Elisabeth von
England nicht nur bannte, sondern jedes Rechtes auf den könig-
lichen Stuhl, jedes Besitzes und jeder Würde in allen Formen des
römischen Prozesses entkleidete, die Untertanen ihres Gehorsams-
eides entband und den Widerstand gegen die Anordnungen der
Königin bei Strafe des Anathemas zur höchsten Pflicht machte1.
Es sind Töne mittelalterlicher Herrschaftsansprüche über die ganze,
nicht nur die katholische Welt, wenn Innozenz X. den Frieden,
den die erschöpfte katholische und evangelische Christenheit nach
SOjährigem Ringen gemeinsam beschloß, als ,,ipso iure“ null und
nichtig bezeichnete und dabei noch besonders monierte, daß man
im Reiche die vom apostolischen Stuhl begrenzte Siebenzahl der
deutschen Kurfürsten, ohne ihn zu fragen, auf acht und noch dazu
zugunsten eines Protestanten gebracht habe2. Noch an der
Schwelle des preußischen Königtums steht der Protest Roms:
eine Rechtsverletzung gegen den apostolischen Stuhl, zuwider den
heiligen Kanones sei der Vorgang in Königsberg, belehrte Cle-
mens XI. 1701 Regierungen und Kardinäle3.
Man mag das als Rückzugsgefechte beurteilen, immerhin,
kein Prinzip war aufgegeben. Die Zukunft blieb jeder Möglichkeit
offen. Diese Zukunft schien freilich immer ungünstiger für ein
geistliches Recht zu werden. Wir zeichneten oben die Zeit von
Ludwig XIV. bis Napoleon als die letzte und vollkommenste Stufe
des Staatskirchentums in dem katholischen Gebiet, sie ist zugleich
die Zeit, da Protestantismus und protestantischer Geist langsam
auch den Boden der geschlossen katholischen Gebiete auflockerten.
1 Bulle Regnans in excelsis v. 25. II. 1570 (Mirbt S. 348f.). Über sie
und ihre Wirkung auf England A. O. Meyer, England und die kath. Kirche
unter Elisabeth u. d. Stuarts I, 60ff. (Bibi. d. Preuß. Hist. Instituts in Rom
VI. 1911).
2 Bulle Zelo domus dei v. 20. XI. 1648: — ipso iure nulla, irrita, inva-
lida, iniqua, iniusta, damnata, reprobata viribusque et effectu vacua omnino fuisse
et esse et perpetuo fore — (Mirbt S. 3835ff., 3823gff.)
3 Oratio consistorialis v. 18. IV. 1701 (u. Schreiben an Kaiser Leopold
v. 16. IV.): Hoc factum quantum apostolicae sedi iniuriosum, quantum sacris
canonibus, quibus haereticum principem antiquis potius cadere quam novis augeri
honoribus constitutum est, adversum fuerit — audax et irreligiosum eius modi
facinus (Clem. XI. opp. p. I, 5, II, 43, Mirbt S. 393).