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Hans y. Schubert:
Selbstabdankung des einst souveränen Konzils zugunsten des
unfehlbaren Papsttums. Die große constitutio dogmatica „Pastor
aeternus“ war die noch fehlende Ergänzung zum Tridentinum1,
die durch viele Zitate gestützte Wiederanknüpfung an die alt-
kirchlich-mittelalterliche Entwicklung und zugleich deren ab-
schließende Vollendung durch das „göttlich offenbarte“ Dogma
vom infallibeln Lehramt des „höchsten Richters der Gläubigen“.
Das vierfach ausgesprochene Anathema betraf alle, die den Primat
im juristischen Sinne als die plena et suprema potestas iurisdictionis
in universam ecclesiam bezweifelten.
Obgleich dieses ausführliche wuchtige Dokument des päpst-
lichen Absolutismus, das nur noch für die Selbstkorrektur Raum
läßt, das Verhältnis zum Staat nur in einem Satze berührt —• die
unmittelbare Verbindung des Papstes mit den Gläubigen soll durch
die weltliche Macht nicht gestört und seine Verfügungsgewalt dem
Placet derselben nicht unterworfen sein2 —, trug es doch den
Keim des Konflikts in sich, der in dem vorwiegend protestantischen
Preußen alsbald zum Ausbruch kam.
Gegenüber den in seine Sphäre eindringenden Schritten seines
Episkopates zur Durchführung des Vaticanum glaubte der preu-
ßische Staat die Zügel straffer anziehen und sein gefährdetes Recht
schützen zu müssen, namentlich in bezug auf die Schulaufsicht,
die Vorbildung der Geistlichen und die Grenzen der Disziplinar-
gewalt. Darüber hinaus verpflichtete er den kirchlichen Oberen
zur Anzeige jeder Anstellung eines Geistlichen, unterwarf also den
Eintritt ins Amt, wenn auch nicht wie einst das fränkische König-
tum der Zustimmung, so doch der Kontrolle des Staates und setzte
ein Gericht ein, durch das mißliebig gewordenen Geistlichen ihr
Amt genommen werden konnte3. Der offene Kampf zwischen
1 Sessio IY. v. 18. VII. 1870, bei Mirbt S. 461 ff. Das Bekenntnis zu
ihm wurde darum 1877 in die professio fidei eingefügt (Mirbt S. 340^7ff).
G. 3: Quoniam divino apostolici primatus iure Rom. pontifex universae ecclesiae
praeest, docemus et declaramus eum esse iudicem supremum fidelium; si quis
dixerit, Rom. pontificem habere — non plenam et supremam potestatem iuris-
dictionis in universam ecclesiam, non totam plenitudinem unius supremae pote-
statis — •—■ : anathema sit. C. 4: Itaque nos — sacro approbante concilio docemus
et divinitus revelatum dogma esse definimus: Rom. pontificein cum ex cathedra
loquitur — per assistentiam divinam — ea infallibilitate poliere, qua divinus
redemptor ecclesiam suam— instructam esse voluit (M. 4633s; 4643ff ; 46021 ff.)•
2 G. 3, a. a. 0., S. 4633qff
3 Die Aktenstücke bei von Kremer-Auenrode, 4 Teile, 1873—80,
Hans y. Schubert:
Selbstabdankung des einst souveränen Konzils zugunsten des
unfehlbaren Papsttums. Die große constitutio dogmatica „Pastor
aeternus“ war die noch fehlende Ergänzung zum Tridentinum1,
die durch viele Zitate gestützte Wiederanknüpfung an die alt-
kirchlich-mittelalterliche Entwicklung und zugleich deren ab-
schließende Vollendung durch das „göttlich offenbarte“ Dogma
vom infallibeln Lehramt des „höchsten Richters der Gläubigen“.
Das vierfach ausgesprochene Anathema betraf alle, die den Primat
im juristischen Sinne als die plena et suprema potestas iurisdictionis
in universam ecclesiam bezweifelten.
Obgleich dieses ausführliche wuchtige Dokument des päpst-
lichen Absolutismus, das nur noch für die Selbstkorrektur Raum
läßt, das Verhältnis zum Staat nur in einem Satze berührt —• die
unmittelbare Verbindung des Papstes mit den Gläubigen soll durch
die weltliche Macht nicht gestört und seine Verfügungsgewalt dem
Placet derselben nicht unterworfen sein2 —, trug es doch den
Keim des Konflikts in sich, der in dem vorwiegend protestantischen
Preußen alsbald zum Ausbruch kam.
Gegenüber den in seine Sphäre eindringenden Schritten seines
Episkopates zur Durchführung des Vaticanum glaubte der preu-
ßische Staat die Zügel straffer anziehen und sein gefährdetes Recht
schützen zu müssen, namentlich in bezug auf die Schulaufsicht,
die Vorbildung der Geistlichen und die Grenzen der Disziplinar-
gewalt. Darüber hinaus verpflichtete er den kirchlichen Oberen
zur Anzeige jeder Anstellung eines Geistlichen, unterwarf also den
Eintritt ins Amt, wenn auch nicht wie einst das fränkische König-
tum der Zustimmung, so doch der Kontrolle des Staates und setzte
ein Gericht ein, durch das mißliebig gewordenen Geistlichen ihr
Amt genommen werden konnte3. Der offene Kampf zwischen
1 Sessio IY. v. 18. VII. 1870, bei Mirbt S. 461 ff. Das Bekenntnis zu
ihm wurde darum 1877 in die professio fidei eingefügt (Mirbt S. 340^7ff).
G. 3: Quoniam divino apostolici primatus iure Rom. pontifex universae ecclesiae
praeest, docemus et declaramus eum esse iudicem supremum fidelium; si quis
dixerit, Rom. pontificem habere — non plenam et supremam potestatem iuris-
dictionis in universam ecclesiam, non totam plenitudinem unius supremae pote-
statis — •—■ : anathema sit. C. 4: Itaque nos — sacro approbante concilio docemus
et divinitus revelatum dogma esse definimus: Rom. pontificein cum ex cathedra
loquitur — per assistentiam divinam — ea infallibilitate poliere, qua divinus
redemptor ecclesiam suam— instructam esse voluit (M. 4633s; 4643ff ; 46021 ff.)•
2 G. 3, a. a. 0., S. 4633qff
3 Die Aktenstücke bei von Kremer-Auenrode, 4 Teile, 1873—80,