Politische Prozesse.
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Frankreichs1. Aber nicht genug damit: in einzelnen Rechtskreisen,
insbesondere im sächsischen, hat sich die Fronung in allgemeinerer
Anwendung behauptet2. In andern Teilen Deutschlands, insbeson-
dere in Süddeutschland, ist sie freilich verschwunden3 und auch das
ostfränkisch-deutsche Reichshofgericht knüpft im Vollstreckungs-
Verfahren nicht an die karolingische Fronung, sondern an die ältere
Praxis des reinen kontumazialen Achturteils an. Wo die deutschen
Könige Güter konfiszieren, da geschieht das anfangs nicht auf
Grund eines besonderen liegenschaftsrechtlichen Verfahrens, son-
dern einfach im Anschluß an das Strafverfahren selbst als akzes-
sorische Folge des Achtspruchs und der damit bewirkten Recht-
losigkeit des Ächters. Man könnte dann höchstens von einer Fro-
nung im materiellen, nicht im prozessualen Sinne sprechen. Wenn
wir später, seit dem Ende des 11. Jahrhunderts, eine Wieder-
belebung des Fronungsgedankens finden, so kommen dafür zwei
genetische Verbindungslinien in Frage4: einmal das Fortleben dieses
Instituts in Sachsen — daher der erste Fall in einem sächsischen
Prozeß Heinrichs IV. konstatiert werden wird -— und zum zweiten
die Wiederanknüpfung intensiverer Beziehungen zu Italien5, wo ja
ebenfalls eine kontinuierliche Fronungspraxis sich gehalten hatte.
Welche der beiden Anknüpfungen die kausal stärkere war, läßt sich
freilich nicht entscheiden.
III.
Treten wir nunmehr den Achtverfahren der frühen Kaiserzeit
näher, so finden wir insofern den Weg bereitet, als uns durch die
1 Beaumanoir c. 64 (ed. Saumon I, p.46); Livres de Jostice et de Plet
III 5, ed. Rapetti p. 110; Pierre de Fontaines, Conseil a un ami, XXI 9,
ed. Marnier p. 226ss. etc.
2 Dort wurde sie mit weitem Anwendungsgebiet eingeführt durch Cap.
de partibus Saxoniae cap. 27, MG. Capp. I p. 70. Vgl. Ssp. Ldr. I 70 und
über die goslarische Overhoere als Abspaltung der Fronung Planitz, Zur
sächs. Vollstreckungsgeschichte (Festschr. für Sohm [1914], S. 371 ff.).
3 Planitz, Vermögensvollstreckung I, S. 97ff.
4 S. unten S. 41.
5 Vgl. Ficker, Forschungen I S. 35 § 11 und die Urkunden aus drei
Jahrhunderten, die eine Fronung bezeugen, IV S. 26, 47, 77, 105, 131, 195,
241, 295. Dazu Heusler, Gewere, 294ff.; Hübner, Immobiliarprozeß, 236ff.
Vgl. ferner Cartularium Langobardicum ed. v. Bluhme, MG. LL., Sect. I,
tom. IV, p. 601; Expositio zu Rothari 361 ebenda p. 389. Endlich Wetzell,
System des gemeinen ZPrechts3 (1878), S. 617ff. Der ganze § 49 bei Wetzell
zeigt deutlich den Einfluß von Wachs Bearbeitertätigkeit.
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Frankreichs1. Aber nicht genug damit: in einzelnen Rechtskreisen,
insbesondere im sächsischen, hat sich die Fronung in allgemeinerer
Anwendung behauptet2. In andern Teilen Deutschlands, insbeson-
dere in Süddeutschland, ist sie freilich verschwunden3 und auch das
ostfränkisch-deutsche Reichshofgericht knüpft im Vollstreckungs-
Verfahren nicht an die karolingische Fronung, sondern an die ältere
Praxis des reinen kontumazialen Achturteils an. Wo die deutschen
Könige Güter konfiszieren, da geschieht das anfangs nicht auf
Grund eines besonderen liegenschaftsrechtlichen Verfahrens, son-
dern einfach im Anschluß an das Strafverfahren selbst als akzes-
sorische Folge des Achtspruchs und der damit bewirkten Recht-
losigkeit des Ächters. Man könnte dann höchstens von einer Fro-
nung im materiellen, nicht im prozessualen Sinne sprechen. Wenn
wir später, seit dem Ende des 11. Jahrhunderts, eine Wieder-
belebung des Fronungsgedankens finden, so kommen dafür zwei
genetische Verbindungslinien in Frage4: einmal das Fortleben dieses
Instituts in Sachsen — daher der erste Fall in einem sächsischen
Prozeß Heinrichs IV. konstatiert werden wird -— und zum zweiten
die Wiederanknüpfung intensiverer Beziehungen zu Italien5, wo ja
ebenfalls eine kontinuierliche Fronungspraxis sich gehalten hatte.
Welche der beiden Anknüpfungen die kausal stärkere war, läßt sich
freilich nicht entscheiden.
III.
Treten wir nunmehr den Achtverfahren der frühen Kaiserzeit
näher, so finden wir insofern den Weg bereitet, als uns durch die
1 Beaumanoir c. 64 (ed. Saumon I, p.46); Livres de Jostice et de Plet
III 5, ed. Rapetti p. 110; Pierre de Fontaines, Conseil a un ami, XXI 9,
ed. Marnier p. 226ss. etc.
2 Dort wurde sie mit weitem Anwendungsgebiet eingeführt durch Cap.
de partibus Saxoniae cap. 27, MG. Capp. I p. 70. Vgl. Ssp. Ldr. I 70 und
über die goslarische Overhoere als Abspaltung der Fronung Planitz, Zur
sächs. Vollstreckungsgeschichte (Festschr. für Sohm [1914], S. 371 ff.).
3 Planitz, Vermögensvollstreckung I, S. 97ff.
4 S. unten S. 41.
5 Vgl. Ficker, Forschungen I S. 35 § 11 und die Urkunden aus drei
Jahrhunderten, die eine Fronung bezeugen, IV S. 26, 47, 77, 105, 131, 195,
241, 295. Dazu Heusler, Gewere, 294ff.; Hübner, Immobiliarprozeß, 236ff.
Vgl. ferner Cartularium Langobardicum ed. v. Bluhme, MG. LL., Sect. I,
tom. IV, p. 601; Expositio zu Rothari 361 ebenda p. 389. Endlich Wetzell,
System des gemeinen ZPrechts3 (1878), S. 617ff. Der ganze § 49 bei Wetzell
zeigt deutlich den Einfluß von Wachs Bearbeitertätigkeit.