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Mitteis, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 3. Abhandlung): Politische Prozesse des früheren Mittelalters in Deutschland und Frankreich — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38925#0038
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38

Heinrich Mitteis:

dem König ausdrücklich zusprach1, erschließen, ähnlich steht es im
Falle Ottos von Northeim. Es scheint auch, daß einer solchen
Adjudikation keine weitere Bedeutung zugemessen wurde. Sie sollte
nur einen Teil der ipso iure eintretenden Urteilsvollstreckung be-
zeichnen. Zwar kam es zur Weiterverleihung der Lehen an Utrecht,
zu dessen Gunsten ja die Urkunden lauten, aber ein sicherer Besitz-
stand ist damit noch keineswegs verbürgt; denn als Ekbert zum
zweiten Male die Verzeihung des Kaisers erlangt, erhält er seine
Güter wieder zurück, sie werden Utrecht wieder abgenommen. War
also ein Gut des Angeklagten in Verfolg eines Adjudikationsspruchs,
der sich bloß als Folge eines Kontumazialstrafurteils, als Ein-
ziehung im Strafverfahren, wie wir heute sagen würden, darstellte,
weitervergeben worden, so genoß das Urteil keine Bechtskraft und
demzufolge auch der Erwerber nicht die begünstigte Stellung eines
Gewereinhabers. Diese adjudicatio besagte offenbar weiter nichts,
als daß es dem König gestattet sei, sich der durch persönliche Ver-
urteilung des Angeklagten frei gewordenen Güter durch einseitigen
Verwaltungsakt zu unterwinden.
Aber ein drittes Mal verwirkte Ekbert die Huld des Kaisers
und nun ereignete sich etwas Neues. In diesem Prozeß ergehen
nämlich zwei Urteile. Eines spricht in alter Weise die Acht über
den Flüchtigen aus; es ist vorgeschlagen von einem Fürsten Sige-
fridus Ottonis quondam ducis filius2, bevollbortet offenbar von dem
gesamten im Kaiserlichen Lager anwesenden Umstand. Dann aber
findet Markgraf Heinrich von der Lausitz ein zweites Urteil, es wird
bevollbortet nur von den equales, den Standesgenossen des Beklag-
ten; es lautet auf Zuweisung der Güter des Verurteilten an den
Kaiser, und auf Grund dieser neuen, förmlichen Verurteilung gibt
er dem Bistum Utrecht die friesischen Grafschaften Ostergau und
Westergau erneut zu Lehen, allerdings nicht sofort, sondern erst
nachdem noch eine gewisse Zeit vergeblich auf Unterwerfung
Ekberts gewartet und diese durch kriegerische Unternehmungen
zn erzwingen versucht worden ist. Die entscheidende Stelle (in
U III)lautet:
Sed nos adhuc expectantes castella eiusdem Ekberti obsedimus
1 Aus Hermannus Gontractus MG. SS. V, p. 132: possessionibus suis ab
imperatore prwatus est, eas quasi legaliter acquirente. Ann. Altah. ed.
Oefele, p. 79: in regis potestatem redacto ducatu, quem habuerat.
2 Es ist Siegfried von Bomeneburg, der zweite Sohn Ottos von Northeim,
also wohl ein Stammesgenosse Ekberts. Vgl. Meyer v. Knonau IV, S. 219.
 
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