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Mitteis, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 3. Abhandlung): Politische Prozesse des früheren Mittelalters in Deutschland und Frankreich — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38925#0068
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68

Heinrich Mitteis:

Kampfklage eine sehr plastische Reproduktion der Klage gegen
einen handhaften Täter darstellt; in ihr haben sich die Elemente
der Handhafte sehr gut konserviert. Es ist daher kaum einzusehen,
wie eine solche Klage gegen einen Abwesenden hätte erhoben
werden sollen. Daher spricht der Ssp. im weiteren Verlaufe stets
nur von einer Versäumnis im Kampftermin, nachdem also der
Angesprochene sich dem Kampfe bereits gestellt hatte1. Entzieht
er sich ihm, so wird er ohne weiteres sachfällig.
Wir können annehmen, daß im Königsgericht dieselben Grund-
sätze gegolten haben2. Es ist daher schwer denkbar, daß die von
Dietrich von Landsberg erhobene, unter das Angebot des Kampf-
beweises gestellte Beschuldigung Heinrichs wegen Hoch- oder
Landesverrats schon als vollzogene Kampfklage gewertet worden
wäre, die die Sache rechtshängig machte. Noch viel schwerer
denkbar, weil den elementarsten Grundlagen jedes Prozeßrechts
widersprechend, ist, daß ein im selben Termin ergehendes Acht-
urteil auf die soeben erfolgte Ankündigung einer eventuell zu
erhebenden Kampfklage sich hätte stützen können. Man wird
daher besser tun, die Episode Dietrichs von Landsberg ganz aus
dem Spiele zu lassen; keineswegs wird sich darauf die Behauptung
gründen lassen, Heinrich sei als Hochverräter geächtet worden.
Es bleibt vielmehr dabei: es stützte die Acht sich nur auf die Kon-
tumaz gegen die Ladungen, die wegen anderer, viel geringerer Sachen
gegen ihn ergangen waren, und das genügte ja auch völlig. Auch im
modernen Prozeß, besonders in Scheidungssachen, haben wir den
Begriff der „Illustrationsfakten“ zur Bezeichnung vonKlagegrtinden,
die durch Zeitablauf präkludiert sind, daher nicht mehr relevant gel-
tend gemacht werden, aber zur Beurteilung der Persönlichkeit noch
herangezogen werden können. Als ein solches Illustrationsfaktum
ließe sich das Auftreten Dietrichs von Landsberg am ehesten
bezeichnen.
b) Scheiden wir diese Möglichkeit aus, so bleibt nur noch die
andere, daß der evidens reatus maiestatis im Verfahren selbst zutage
1 I, 63, § 5. Planck, a. a. O., II, 317.
2 Franklin I 75 bringt einen Zweikampfbericht aus dem dialogus mira-
culorum des Caesarius von Heisterbach, der das „Anpacken“ des Gegners
deutlich erkennen läßt: Quam (den Gegner) cum ille, sicut vir validissimus,
impeteret et propelleret .... Sehr deutlich ist der Charakter des Siegs als
Gottesurteil (der Unterlegene hat den Gegner der unwürdig genossenen Kom-
munion bezichtigt).
 
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