Metadaten

Mitteis, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 3. Abhandlung): Politische Prozesse des früheren Mittelalters in Deutschland und Frankreich — Heidelberg, 1927

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38925#0078
License: Free access  - all rights reserved
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Heinrich Mitteis:

der königlichen Pfalz zu Bourges zu erscheinen brauchte, und
obwohl der Erzbischof und die Bevölkerung von Bourges ihren
Einfluß in gleicher Bichtung geltend zu machen suchten1. Ebenso
setzte er das Recht des Königs gegen einen Vasallen des Bischofs
von Orleans durch2. Schon ganz am Anfang seiner staatsmänni-
schen Laufbahn (1112) hatte er mit großer Energie die Züchtigung
des Kirchenschänders Hugo II. von Puiset betrieben; auch in
diesem Falle scheint die königliche curia ein Kontumazialurteil
gefällt zu haben; Suger selbst berichtet (Vita Ludov. c. XVIII,
p. 63):
Quod cum nos, Deo auxiliante, militum et peditum copia bene
aliquantisper temporis compleremus, consummato Iiugonis per
absentacionem sui judicio, rex ad nos Tauriacum magno cum
exercitu devenit, castrum abjudicatum ab illo Hugone repetiit.
Doch ist das Verfahren zu wenig eingehend beschrieben, um
weitere Schlüsse zuzulassen.
Eine ganze Reihe von Prozeßberichten derselben Zeit bezeugen,
daß das Königsgericht wie in fränkischer Zeit im Versäumnis-
verfahren nach erfolgter Einlassung des Beklagten zur Verurteilung
in der Sache selbst gelangte. So schließt ein Prozeß, den die Kano-
niker von Compiegne vor dem Königsgericht Philipps I. zu Senlis
um 1107 gegen Nivelo von Pierrefond wegen einer Rente führen,
mit Sachurteih Nachdem lange in lateinischer und französischer
Sprache verhandelt worden ist, und der Königssohn Ludwig bereits
den Urteilsvorschlag erstattet hatte, der die Billigung des gesamten
Umstandes fand, entfernte sich Nivelo im Bewußtsein der ver-
lorenen Sache, woraus auf sein Unrecht geschlossen und die Ver-
urteilung ausgesprochen wurde3. Ein glattes Sachurteil erläßt das
Königsgericht auch 1153 gegen den Herzog Odo von der Bourgogne

1 Luchaire, Instit. I, p. 299s.; II, 309, Nr. 9; Langlois textes, p. 17.
2 Luchaire, a. a. 0., p. 300.
3 Langlois textes, p. 10: Cum igitur de dictis domni Nevelonis ac de
responsis clericorum principibus nostris filius meus Ludovicus dare judicium
precepisset, et ipsi judices accepto communi consüio illud in medium proferre
voluissent, Nevelo sentiens illo se, si dicerelur, gravari judicio, audire se judicium
noluit, sed abscessit; in quo veritas ecclesie et justicia omnibus qui aderant
patenter claruit; astantibus igitur clericis, et siquid eis agendum joret ulterius
inquirentibus, satis eos fecisse, causamque suam legitime deracionetam fuisse
ecclesiam, quotquot erant omnes adjudicaverunt. Dazu Augustin Fliciie, Le
regne de Philippe Ier, Paris 1912, p. 167ss.; Maurice Prou, Recueil des actes
de Philippe Ier, p. 397.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften