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Mitteis, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 3. Abhandlung): Politische Prozesse des früheren Mittelalters in Deutschland und Frankreich — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38925#0096
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96

Heinrich Mitteis:

dem eben zitierten Brief an Johann sehr wohl informiert gezeigt
hatte. Imrherhin kann die Erwähnung des Verlustes der Normandie
durch Gerichtsspruch nur auf das lehnrechtliche Urteil bezogen
werden1, da von dem achtrechtlichen, oder besser der Behaup-
tung eines solchen, wie später dargetan werden soll, der Papst
wirklich keine Ahnung hatte.
Auch hierdurch wird bestätigt, daß schon 1202 die Normandie
mit den übrigen Lehen aberkannt wurde. Hiermit ist nun aller-
dings noch in keiner Weise die Frage präjudiziert, ob noch eine
zweite Verurteilung stattgefunden habe. Nur konnte diese nicht
mehr den Charakter einer Lehnsaburteilung haben. Es soll aber
gezeigt werden, daß noch ein anderer Inhalt denkbar war. Mit
dieser Hypothese entfernen wir uns bewußt von Guilhiermoz, der
hauptsächlich deshalb — entgegen dem klaren Wortlaut der Chronik
von Coggeshall — die Aberkennung der Normandie aus dem Urteil
von 1202 ausschied, weil er sonst für das spätere Urteil keinen
Inhalt mehr hätte angeben können2.
Unsere Version erklärt auch aufs zwangloseste, wieso schon
1202 die kriegerische Eroberung der Normandie beginnen konnte3.
Es sind dies schon Zwangsvollstreckungsmaßregeln und nicht, wie
Cartellieri4 aus einer wenig treffenden Stelle des Speculum juris
des Durantis5 erschließen will, allgemeine Sicherungsmaßnahmen
aus suzeränen Befugnissen heraus6.
4. Was geschah nun mit den von Johann gewonnenen Lehen ?
Nach deutscher Analogie hätten sie wieder ausgegeben werden
müssen, und zwar sämtlich. Aber Philipp handhabt es anders: Er
läßt sich von Arthur homagium leisten nur für Bretagne, Aqui-

1 Zu diesem Briefe vgl. Cartellieri IV, 1, S. 225.
2 Ihm folgen Powicke, Löss, p. 219; Cartellieri, a. a. O., IV, S. 106;
Delbrück, Weltgeschichte II (1925), S. 597 — s. aber S. 606 a. E.
3 Vgl. Rigord § 140, ed. Delaborde p. 157: Anno domini MCCII,
infra quindecim dies post Pascha, rex Francorum collecto exercitu Aquitaniam
intravit . . . Reversus vero in Normanniam cum exercitu suo Conchas cepit, et
insulam Andeliaci, et vallem Ruolii.
4 A. a. O., IV, 1, S. 1064.
5 Spec. iuris lib. IV., part. III de feudis 2, 33. Die Stelle scheint mir
lediglich für den Begriff des ligischen Lehens wichtig zu sein.
6 Auf einem ganz andern Blatte steht, daß möglicherweise noch früher
gegen die Burgen Boutavant und Tillieres vorgegangen wurde, denn diese
waren ausdrücklich verpfändet. Vgl. Rigord, a. a. O., p. 207.
 
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