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Ritter, Gerhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 5. Abhandlung): Studien zur Spätscholastik, 3: Neue Quellenstücke zur Theologie des Johann von Wesel — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38927#0047
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Studien zur Spätscholastik. III.

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Masse ihrer Kunstprodukte. Als Trithemius, der in seinen laudes
S. Annae der unbefleckten Empfängnis ein eigenes Kapitel gewidmet
hatte, durch einen der rabiatesten Gegner der franziskanischen
Doktrin, den Frankfurter Dominikanerprior Wigand Wirt1, an-
gegriffen wurde (1494), fand er bei einer ganzen Reihe seiner huma-
nistischen Freunde, darunter Dietrich Gresemund jun. und Jakob
Wimpfeling, eifrigste Unterstützung.
Dramatischer und folgenreicher verlief ein zweites Gefecht, in
das die Erinnerung an den Prozeß Johann von Wesels sehr bald
hineingezogen wurde. Es begann in Heidelberg mit einer öffent-
lichen Disputation der Franziskaner-Observanten am 18. Juni 1501
über die unbefleckte Empfängnis Mariä, die von ihren Urhebern
wohl als eine Art öffentlicher Triumph über die dortigen Domini-
kaner gedacht war. Die Universität, an deren theologischen Studien
die Dominikaner damals unvergleichlich stärker beteiligt waren als
die Minoriten2, verbot aber ebenso wie der Kurfürst und die
Bischöfe von Worms und Speier ihren suppositi die. Teilnahme3;
die Dominikaner erschienen nicht, protestierten öffentlich gegen
das Auf rühren des skandalösen Streites und ließen sich ihr Fern-
bleiben vom Pfalzgrafen urkundlich bescheinigen. (Übrigens erbat
und erhielt ihr deutscher Ordensprovinzial im nächsten Jahre, als
der Zank in immer heftigeren Formen weiterging, die Verwendung
der Heidelberger Universität in Rom für ihre Bitte, der Papst möge
beiden Parteien die Fortführung des Kampfes bis zu päpstlicher
Entscheidung verbieten — so schwer fühlten sie sich durch die
Verleumdungen der Gegner damals bedrängt4!)
Auf dieser Heidelberger Disputation nun vom 18. 6. 1501 war
auch ein gewisser Konrad Hensel (aus Kassel gebürtig) zugegen,
der ehemals unter Johann von Wesel in Erfurt studiert hatte und
seit 1474 an der Frankfurter Hauptkirche (St. Bartholomei) als
Pleban wirkte. Gleich am nächsten Sonntag berichtete er trium-
phierend auf der Kanzel von dem Ausbleiben der Dominikaner —
1 Für das Folgende zu vgl. Lauchert, Der Dominikaner Wigand Wirt
u. s. Streitigkeiten (Hist. Jahrb. 18 [1897], 760ff.); dazu N. Paulus ebd. 19
(1898), 101 ff.
2 Ich zähle unter den Immatrikulierten 1505—15: 22 Dominikaner,
0 Minoriten.
3 Paulus, a. a. O., 103; dazu Winkelmann, U. B. II, 580—4; nach
G. 1. M. 434 u. Ann. univ. III, 414f. Die theologische Fakultät hatte zuerst
gegen die Disputation protestiert.
4 Winkelmann, U. B. II, 592, 593; I, nr. 150.
 
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