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Glaue, Paul [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 1. Abhandlung): Zur Geschichte der Taufe in Spanien, 2: Nachrichten über die Taufsitten bis 711: Konzilsbestimmungen und Schriftstellerzeugnisse — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38935#0032
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32

Paul Glaue:

Gregors I. an Quiricus und andere Bischöfe in Hiberia1, wo es
heißt: Hi vero haeretici, qui in trinitatis nomine minime bapti-
zantur, sicut sunt Bonosiaci et Cataphrygae . . . cum ad sanctam
ecclesiam veniunt, baptizantur2. Daß die Bonosianer die, die zu
ihnen übertraten, wiedertauften, wird man wohl auch für Spanien3
annehmen dürfen.
Das Verhalten des Königs Sisebut (612—620)4 stellte die katho-
lische Kirche vor ein ganz neues Problem bezüglich der Taufe:
dürfe diese, selbst wenn man ihre Bedeutung für das Heil der
Menschen noch so hoch einschätze, unter der Voraussetzung, daß
die göttliche Taufgnade auch ohne menschliches Zutun, ja gegen
menschliches Wollen wirksam würde, mit Gewalt und Zwang
an den Menschen vollzogen werden ? Sisebut, ohne Frage ein tüch-
tiger Herrscher, hat sich ja dadurch einen berühmten Namen ge-
macht, daß er gegen die spanischen Juden zwei Gesetze von größter
Härte und unerhörter Beschränkung erließ (612/13). Im Verlauf
der dadurch hervorgerufenen Judenhetze wurden nun, wie fast
gleichzeitige Quellen berichten, ohne Zweifel zahlreiche Juden
zwangsweise getauft. Wie Isidor von Sevilla, der anfänglich noch
sein Urteil über das Vorgehen des Königs und seine Folgen zurück-
hält, dann seine Mißbilligung über solche unzulässigen Akte der
Bekehrung ausspricht, so hat sich auch das 4. Konzil von Toledo
(633) in seinem 57. Canon gegen diese Zwangstaufen mit aller Schärfe
und Deutlichkeit gewandt5. Allerdings sollten diejenigen, die nun
einmal zwangsweise getauft sind, auch weiterhin gezwungen werden,
den christlichen Glauben zu bekennen, also wohl auch den Kultus
mitzumachen, ne nomen Domini blasphemetur, et fides, quam sus-
ceperunt, vilis ac contemptibilis habeatur. Daß die Zwangstaufen

1 Siehe lib. XI, ind. IV, ep. 67 s. MSL 77,1206.
2 Über den entgegengesetzten Standpunkt des Avitus von Vienne, der
ihre Taufe anerkennt, s. HRE3 III, S. 316f.
3 Für Gallien ergibt sich das aus der 3. Synode von Orleans im Jahre 538
(can. 34. al. 31 Mansi IX 19, nicht bei Hefele II, 756).
4 Siehe F. Görres in IIRE3 XVIII, 397—399 und die dortige Literatur.
5 MSL 84, 379f. De Judaeis hoc praecepit sancta synodus nemini de-
inceps ad credendum vim inferre, Gui enim vult, Deus miseretur, et quem vult
indurat’; non enim tales inviti salvandi sunt sed volentes, ut integra sit forma
justitiae: sicut enim homo proprii arbitrii voluntate serpenti obediens periit,
sic vocante gratia Dei propriae mentis conversione homo quisque credendo
salvatur. Ergo non vi sed liberi arbitrii facultate ut convertantur suadendi
sunt, non potius impellendi.
 
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