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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 4. Abhandlung): Kyrios Jesus: eine Untersuchung zu Phil. 2,5-11 — Heidelberg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.38938#0003
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Die Frage nach dem Sinn des urchristlichen Begriffes Kyrios
rührt an die letzten Probleme der urchristlichen Religion und ihrer
Geschichte; das ist seit Boussets bekanntem Werk wieder lebendig
und neu erkannt worden1. Die Diskussion, die es entfacht hat und
noch weiterhin unterhält, zehrt freilich fast nur von der Frage nach
dem geschichtlichen Ursprung des Namens; den einen scheint
festzustehen, daß er auf Jesus nur aus neuem Verständnis des alt-
testamentlichen Gottesnamens, den anderen, daß er nur aus einem
Bewußtsein übertragen werden konnte, welches durch solche Über-
tragung den zahlreichen „hellenistischen“ Kulten sich sowohl ent-
gegenzusetzen wie anzugleichen bemüht war2. Das scharfe Ent-
weder—Oder dieser Meinungen ist im Laufe der Diskussion mehr
und mehr einem vermittelnden Sowohl—Als auch gewichen; und
das ist kaum ganz zufällig geschehen. Denn beide Ansichten
unterscheiden sich nur in der Frage des Ursprunges, nicht aber oder
wenigstens nicht notwendig in der Frage des sachlichen Gehaltes.
Für beide ist die Gestalt, die unter dem Namen des Kyrios verehrt
wird, ein Bekanntes und Unangefochtenes und „Kyrios“ gleich-
sam das dunkel leuchtende Gewand, das die urchristliche Verehrung
um sie wob. Aber es ist auch die andere Frage möglich, ob jenem
urchristlichen Glauben nicht gerade diese Gestalt das im tieferen
Sinne Unbekannte war und der Name Kyrios von einer Offenbarung
zu reden vermochte, die ein geahntes Geheimnis dieser Gestalt erst
erschloß. Wenn das urchristliche Bekenntnis lautet: Herr ist
Jesus, so scheint die prädikative Fassung des Kyriosnamens die
letzte Frage zu begünstigen.
Diese Frage bedeutet nichts anderes als die nach dem sach-
lichen Gehalt, den das Urchristentum in dem Begriff des „Herren“
1 W. Bousset, Kyrios Christos, 2. Aufl. 1921.
2 Ygl. zuletzt W. Förster, Herr ist Jesus (Neutestamentliche Forschun-
gen, hsg. von 0. Schmitz, 2. Reihe, Heft 1), wo weitere deutsche Literatur ver-
zeichnet ist. An ausländischen Untersuchungen vgl. G. Yos, The Kyrios-
Ghristos Controversy, Princeton Theological Review 1915 und 1917; Morgan,
The Religion and Theology of St. Paul 1917; Andrews, The Title Kyrios as
applied to Jesus, Expositor ser. VIII vol. 15; Machen, The origin of Pauls
religion; G. Yos, The Self-Disclosure of Jesus (New York 1926), 117—139.

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