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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 4. Abhandlung): Kyrios Jesus: eine Untersuchung zu Phil. 2,5-11 — Heidelberg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.38938#0028
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28

Ernst Lohmeyer:

Zeit lautet der Jubel der Ungläubigen auf dem Höhepunkt der
teuflischen Macht: „Wer ist dem Tiere gleich?“1. So ist also der
Gedanke der Gottgleichheit identisch mit dem Gedanken der
Herrschergewalt Gottes. „Wie Gott sein“ heißt Kyrios sein:
und das nicht nur in dem gouvernementalen Sinne, daß der Kyrios
das Regiment der Welt in Händen hält, sondern auch in dem reli-
giösen Sinne, daß ihm das gläubige Bekenntnis der Menschen ge-
bührt. Wodurch aber hat Satan die tatsächliche Herrschermacht
über die Welt gewonnen ? Wenn die eschatologische Hoffnung'
unerschütterlich ist, daß Gott sie am Ende der Tage vernichten
werde, so ist der Schluß unausweichlich, daß Satan sie am Anfang
der Tage sich wie „einen Raub“ angeeignet habe. Und das Gegen-
bild zu der Wendung ouy äpmxypöv pyelc-ö-at, wäre damit gegeben.
Die Frage ist im Judentum nur flüchtig gestreift. Immerhin be-
gegenen einige Antworten, die in die gleiche Richtung weisen.
Sie knüpfen einmal an den Fall der Engel an; ein Erzengel wollte
seinen Thron höher als die Wolken setzen, so heißt es einmal,
„damit er gleich würde der Linie von Gottes Macht“2. Andere,
vor allem rabbinische Quellen, halten sich an die Versuchungsge-
schichte Adams. Wenn schon der gesamte Schöpfungsbericht der
Genesis in seiner jetzigen Fassung nicht ohne iranischen Einfluß
möglich zu sein scheint, so noch weniger das Eritis sicut deus,
dessen Kennzeichen die Unterscheidung von Gut und Böse ist.
Zu mindest hat die spätere Exegese in ihr ein Werk des Teufels
gefunden; nicht nur war es der Erfolg des Falles Adams, daß er die
Herrschaft über die Welt verlor, sondern es war auch das den Teufel
treibende Motiv, von ihm die Herrschaft über die Erde zu bekom-
men3. Darum hoffen spätere Rabbinen, daß der Messias, ein zweiter
Adam, diese Herrschaft wieder hersteilen werde4. Wie aber immer
die Herrschaft des Satans begründet sein mag, — daß er sie habe,
1 Apok. Joh. 13, 4 s. meinen Kommentar z. St. (Hdbch. z. NT Bd. 16).
2 Sl. Henoch 29,4L (vgl.auch äth. Hen. 68,4). Die Stelle spinnt alttesta-
mentliche Andeutungen weiter, so Jes. 14, 13: aü [6 eco^ipopo«;, d. h. wohl ,,Lu-
cifer“] Se ehvxq tt) Siavoitjjr ooo" eiq tov oüpavov ävccßpaopai, e~avco tcov äaxepcov
tou oupavou Dpco) töv -8-povov pou .... saöpca op.oioq luRoTcp. Vgl. auch in Ez.28,
2—17 die Anspielungen auf ein göttliches Wesen, das aus dem Paradiese Gottes
vertrieben wurde, weil es „sein Herz wie Gottes Herz“ gemacht und sich
vermessen hat, auf dem „Stuhle Gottes zu sitzen“ (v. 2. 6.). Vgl. A. Lods, La
chute des anges (Rev. d’histoire et de philos. relig. 1927, 295—315).
3 Vgl. die Beispiele bei Strack-Billerbeck zu Mt. 4, Bd. I, 136ff.
4 Vgl. Strack-Billerbeck zu Hebr. 2,8.
 
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