Metadaten

Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 4. Abhandlung): Kyrios Jesus: eine Untersuchung zu Phil. 2,5-11 — Heidelberg, 1928

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38938#0066
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
66

Ernst Lohmeyer:

daß die Gläubigen zu Jerusalem „das Brot brachen und der Nahrung
genossen, mit Jauchzen lobend“1. Psalmen haben also ihre feste
Stelle in dieser Feier; und kaum zufällig endet dieser Psalm:
„Zum Ruhme Gottes des Vaters“. Sie sind also suxapumou,
Lieder, die der Geist wirkt, prophetische Hymnen. Daher haben sie
den Charakter heiliger Worte, können und müssen tradiert werden,
wie denn alles, was das Abendmahl bestimmt, von alter und fester
Tradition getragen ist. Erkennt man zudem, daß die meisten der
eben angeführten Lieder ihren Sitz in den Eucharistiegebeten der
Abendmahlsliturgie haben, so wird es auch für diesen Hymnus
wahrscheinlich, daß er ein Stück ältester eucharistischer Liturgie
war. Auch dadurch scheint seine palästinensische Herkunft deut-
lich bestätigt.
Noch von einer anderen Seite scheint dieser Schluß eine Be-
stätigung finden zu können. Die Feier des Abendmahls verbürgte
den urchristlichen Gläubigen ein Doppeltes: Die Gewißheit der
Gegenwärtigkeit des Christus wie die seines eschatologischen Kom-
mens. „Maranatha“ in seinem möglichen und vielfach bezeugten
Doppelsinne ist der reine Ausdruck ihres religiösen Gehaltes2.
Beides aber enthält der Philipperbrief in einer eigentümlichen Form;
hier ist es das Martyrium des Apostels wie der Gläubigen, aus dem
die doppelte Aussage fließt: „Mir ist das Leben Christus“ —schon
jetzt in diesen Stunden des Martyriums — und „der Herr ist nahe,
wir harren des Retters, des Herrn Jesus Christus“3. Martyrium
und Abendmahlsfeier enthalten so den gleichen sachlichen Gehalt;
sie sind die höchste Höhe, die dem gläubigen Leben im irdischen
Leben erreichbar ist; denn in der Feier des Abendmahles ist letzt-
lich das ewige und gültige Beispiel des Martyriums Christi aufge-
richtet, und beide führen zu einer Gemeinschaft „mit Christus“.
Und diese sachliche Verbundenheit ist in der Offenbarung Johannis
deutlich genug bezeugt, in deren letztem Kapitel Märtyrersehnsucht
und Märtyrergewißheit mit Worten bekundet ist, die der Feier des
Abendmahles entnommen sind. Wohl ist die johanneische Apo-
kalypse zeitlich später, aber sie hütet immer auch mit Stolz und
Sorgfalt eine heilige Tradition. So wird es auch von hier aus wahr-
scheinlich, daß dieser Christuspsalm ursprünglich zur Liturgie des
1 Act. 2, 46.
2 Vgl. meinen Aufsatz: Eüv Xpia-rw (Festgabe für Adolf Deissmann
252 f f.).
:s Vgl. meinenKommentar zu Phil. 1,21; 3, 20.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften