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Klibansky, Raymond; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1928/29, 5. Abhandlung): Ein Proklos-Fund und seine Bedeutung — Heidelberg, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.39953#0015
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Ein Proklos-Fund und seine Bedeutung.

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zuzuweisen. In ihrer Technik entspricht sie völlig dem so oft pro-
grammatisch ausgesprochenen Grundsatz mittelalterlicher Über-
setzungskunst, dem Prinzip des 'reddere verbum e verbo’1;
diese aus dem ängstlichen Streben nach Treue gegenüber dem Ori-
ginal und Ausschaltung jeglicher Subjektivität erwachsene Forde-
rungführt— zumal in der Übertragung von Werken des Stilcharak-
ters der Proklischen Kommentare — zu einem Sprachgebilde, das
mit dem Lateinischen oft nur mehr die Vokabeln und kaum die
primitiven Regeln der Syntax gemein hat, das aber — an sich
für uns zuweilen kaum verständlich — durch die enge Anlehnung
an den zugrundeliegenden Text und die Folgerichtigkeit, mit der
in der Regel die geringste Partikel wiedergegeben wird, für die
Herstellung des griechischen Originals von großem Wert wird.
Die lateinische Übersetzung stellt somit eine Überlieferung
dar, die mindestens so alt, wenn nicht viel älter ist2 als die in der
ältesten der bisher herangezogenen Handschriften gebotene. Ihre
Abweichungen vom Text unserer Ausgaben lassen eine neue Re-
censio der Überlieferung des Parmenides-Kommentars notwendig
erscheinen, die für die Gewinnung eines gegenüber dem bisherigen
stark verbesserten, stellenweise überhaupt erst verständlich wer-
1 So sagen zwei von I. G. Schneider, Aristot. de Animalibus Hist. 1. X
(tom. I, Lips. 1811, pag. GXXXIV), angeführte Quellen aus alter Zeit, die
Slav. Chronik zum Jahr 1273 (Lindenbrog, Scriptor. rer. German, septent.,
pag. 206, ed. Fabricius) und Heinrich von Herford (ed. Potthast, 1859,
pag. 203), von Wilhelm von Moerbeke: Hranstulit omnes libros Aristotelis
de graeco in latinum, verbum e verbot Eine ausführliche Rechtfertigung
dieses Verfahrens gibt Burgundio von Pisa in dem von Haskins (Studies
in the hist, of mediev. Science, Cambridge 1924, pag. 151) mitgeteilten Vor-
wort zu seiner CiiRYsosTOMos-Übersetzung. Hierher gehört ferner, was König
Manfred in dem bekannten Brief an die Universitäten über die von ihm ver-
anlaßten Übersetzungen sagt: „iussimus verborum fideliter servata virginitate
transferri“ (A. Jourdain, Recherches s. 1. anciennes trad. lat. d’Aristote, Paris
1843, pag. 157). — Gerade gegen diesen Grundsatz richtet sich später die
Kritik der Humanisten; so etwa, in charakteristischer Berufung auf das
subjektive Moment des eignen Sprachgefühls, Leonardo Bruni: ,,Illi a
Platone discedentes, syllabas atque tropos secuti sunt; ego autem Platoni
adhaereo, quem ego mihi effinxi . . . atque ita traduco, ut illi maxime placere
intelligo“. (Leon. Bruni Aretin. Epistol., Florent. 1741, IV. ep. 22.)
2 Der Zweitälteste Katalog der päpstl. Bibliothek, aus d. Jahre 1311, ver-
zeichnet unter den griech. Hss. ein „comentum Procli< in >Permenidem Plato-
nis antiquum“. Trifft die Voraussetzung zu, daß Wilhelm von Moerbeke der
Übersetzer ist, so ist in diesem damals als „antiquum“ bezeichneten Ms. die
Vorlage der lat. Übersetzung zu erblicken; siehe S. 30, Beilage I, mit Anm. 2.
 
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