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Levy, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 5. Abhandlung): Die römische Kapitalstrafe — Heidelberg, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.40156#0012
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12

Ernst Levy :

sagt er den Glauben nicht, wenn er auch «die private Todesstrafe
darin begriffen» sieht, «der Vollzug dem Belieben des Verletzten
anheimgegeben».1 In Wirklichkeit liegt es umgekehrt.2 War der
Dieb nicht in erlaubter Notwehr getötet worden (XII Tab. 8, 12. 13),
so hing die Zulässigkeit der Tötung von der Genehmigung des
Magistrats3 (addicere) ab. Sobald der Uber verberatus addicebatur
ei cui furtum fecerat, hatte dieser das Tötungsrecht. Aber so gut
wie bei öffentlicher Ahndung der Magistrat den Täter vor der
Hinrichtung bewahren mochte4, konnte der Racheberechtigte sich
mit dem für ihn vorteilhafteren Verfahren begnügen, den Dieb in
die Sklaverei zu verkaufen oder als Schuldknecht bei sich zu be-
halten. Das muß die Regel geworden sein, derart daß, als gegen-
über dem Vertragsschuldner das ius vitae necisque verschwand,
auch der Bestohlene sich darauf beschränkt sah, die Schuldknecht-
schaft in Anspruch zu nehmen.5 Die prätorische poena quadrupli
braucht dann nur den Zweck gehabt zu haben, die Verewigung
der Knechtschaft durch die Bezifferung des Ablösungsbetrages zu
vereiteln. Nur um die jüngeren Entwicklungsstadien wußte Gaius
noch. Von dem Sprachgebrauch seiner Zeit ausgehend, konnte
es ihm nicht schwer fallen, das capital(is), falls es so in dem alten
Gesetze stand, in einem über die Todesstrafe hinausgreifenden
Sinne zu verstehen.6
Auch im Privatdeliktsrecht der älteren Republik also sind caput
und capitalis eindeutig. Die Diebstahlsstrafe der Zwölftafeln bildet
nicht etwa, wie Mommsen7 glaubte, eine Ausnahme in der sonst
einhelligen Überlieferung.
6. Plautus braucht caput mit Vorliebe, auch in übertragener
Bedeutung.8 9 Den Loskauf aus der Sklaverei drückt er mehrfach
aus durch pro capite tuo argentum dare u. ä. (Most. 211. 242. 300,
Pers. 36, Poen. [24], 519, Pseud. 225). Es ist kaum zweifelhaft,
1 1002.
2 Richtiges bei Weibs, Rhein. Ztschr. 11 (1921), 21 f.
3 Nicht etwa des Iudex: Hitzig, SZ. 23, 322 f.
4 S. u. S. 17 f. Einen gewissen Anklang an die Parallele des Textes bietet
Mommsen 7512 i. Verb, mit ob. S. 96.
5 Vgl. Gai. III 189 und dazu Wlassak aaO.
6 S. dazu u. S. 47.
7 907 3.
8 Küspert (s. ob. 83) I 13 ff. zählt unter 126 Stellen 29 für «Person, Mensch»,
9 «für Leben, Dasein».
 
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