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https://doi.org/10.11588/diglit.40161#0061
Der Nationalismus und die deutschen Universitäten.
61
zu außenpolitischen Beruhigungszwecken, schon 1815 gleichsam
seine nächste Vergangenheit zu verleugnen suchte117.
Diese Vergangenheit aber war es gerade, in der die Kriegs-
teilnehmer der deutschen Studentenschaft lebten und webten. Im
Friedensjahr 1815 veröffentlichte Arndt, der „bescheidenste und
maßvollste der teutonischen Sänger“, wieTREiTSCHKE ihn in seiner
Darstellung der ScuMALz-Fehde nennt, im „Wächter“ seine Ab-
handlung „Über den deutschen Studentenstaat“, ein offenes Ant-
wortschreiben auf den (davor abgedruckten) Brief eines Studenten
in H[alle ?], in dem er unter Berufung auf die nationalen Einheits-
wünsche der Jugend und die Spaltung der Studentenschaften in
die Landsmannschaften oder „sogenannten Korps“ um nichts
weniger als den Entwurf einer wenigstens allgemein für alle deut-
schen Universitäten gültigen Studentenverfassung angegangen
wurde. Arndts Schrift, die von der Arndtforschung bisher recht
stiefmütterlich behandelt worden ist, stellt eigentlich nichts weiter
dar als die sehr freundliche und väterliche Zurückweisung jenes
Verfassungsgedankens. Er kommt zu dem Ergebnis118, „daß ge-
bietende und verbietende Gesetze, Professorenassembleen und
Studentenklubs und Ehrengerichte und andere Herrlichkeiten der
Art die Übel nicht heilen und den Mißbräuchen nicht abhelfen
können, welche die akademische Freiheit und das deutsche Stu-
dentenleben mit sich führt; nur eine ganz neue Verfassung könnte
hier gewaltig helfen, wenn man nämlich den freien deutschen
Studenten zu einem mönchischen Neuling [Novizen] oder zu einem
französischen und englischen Studentenschüler erniedrigte. Aber
wie die Engländer gefürchtet haben, eine geheime und alldurch-
dringende und allumfassende Polizei bei sich einzuführen, wenn
gleich alle Tage einzelnen Leuten mit Pistolen auf der Brust auf
den Landstraßen Uhren und Geldbeutel abgefordert werden, so
wollen wir einzelner Ausschreitungen und Mißbräuche wegen die
fröhlichste und herrlichste germanische Freiheit nicht totschlagen
lassen. Traurig genug ist es allerdings, daß selbst in dieser großen
117 Ich kann nicht linden, daß dieser Sachverhalt bisher (auch etwa bei
Lenz, Univ. Berlin 1. 54811'.) richtig erkannt ist. Von der von Treitschke
D. G. 2, 114 behaupteten Bekämpfung Arndts steht bei Schmalz nichts.
Sachlich am besten Schlappe für Hardenberg“), obschon falsch über Schmalz’
Person J. v. Grüner in Forsch, zur Brand, u. Preuß. Gesell. 22 (1909), 182.
118 Abdruck in den Schriften an und für seine lieben Deutschen 2 (Lpz.
1845), 2841'., 282ff., 292.
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zu außenpolitischen Beruhigungszwecken, schon 1815 gleichsam
seine nächste Vergangenheit zu verleugnen suchte117.
Diese Vergangenheit aber war es gerade, in der die Kriegs-
teilnehmer der deutschen Studentenschaft lebten und webten. Im
Friedensjahr 1815 veröffentlichte Arndt, der „bescheidenste und
maßvollste der teutonischen Sänger“, wieTREiTSCHKE ihn in seiner
Darstellung der ScuMALz-Fehde nennt, im „Wächter“ seine Ab-
handlung „Über den deutschen Studentenstaat“, ein offenes Ant-
wortschreiben auf den (davor abgedruckten) Brief eines Studenten
in H[alle ?], in dem er unter Berufung auf die nationalen Einheits-
wünsche der Jugend und die Spaltung der Studentenschaften in
die Landsmannschaften oder „sogenannten Korps“ um nichts
weniger als den Entwurf einer wenigstens allgemein für alle deut-
schen Universitäten gültigen Studentenverfassung angegangen
wurde. Arndts Schrift, die von der Arndtforschung bisher recht
stiefmütterlich behandelt worden ist, stellt eigentlich nichts weiter
dar als die sehr freundliche und väterliche Zurückweisung jenes
Verfassungsgedankens. Er kommt zu dem Ergebnis118, „daß ge-
bietende und verbietende Gesetze, Professorenassembleen und
Studentenklubs und Ehrengerichte und andere Herrlichkeiten der
Art die Übel nicht heilen und den Mißbräuchen nicht abhelfen
können, welche die akademische Freiheit und das deutsche Stu-
dentenleben mit sich führt; nur eine ganz neue Verfassung könnte
hier gewaltig helfen, wenn man nämlich den freien deutschen
Studenten zu einem mönchischen Neuling [Novizen] oder zu einem
französischen und englischen Studentenschüler erniedrigte. Aber
wie die Engländer gefürchtet haben, eine geheime und alldurch-
dringende und allumfassende Polizei bei sich einzuführen, wenn
gleich alle Tage einzelnen Leuten mit Pistolen auf der Brust auf
den Landstraßen Uhren und Geldbeutel abgefordert werden, so
wollen wir einzelner Ausschreitungen und Mißbräuche wegen die
fröhlichste und herrlichste germanische Freiheit nicht totschlagen
lassen. Traurig genug ist es allerdings, daß selbst in dieser großen
117 Ich kann nicht linden, daß dieser Sachverhalt bisher (auch etwa bei
Lenz, Univ. Berlin 1. 54811'.) richtig erkannt ist. Von der von Treitschke
D. G. 2, 114 behaupteten Bekämpfung Arndts steht bei Schmalz nichts.
Sachlich am besten Schlappe für Hardenberg“), obschon falsch über Schmalz’
Person J. v. Grüner in Forsch, zur Brand, u. Preuß. Gesell. 22 (1909), 182.
118 Abdruck in den Schriften an und für seine lieben Deutschen 2 (Lpz.
1845), 2841'., 282ff., 292.