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Schadewaldt, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1933/34, 3. Abhandlung): Die Niobe des Aischylos — Heidelberg, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.40168#0006
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Wolfgang Schadewaldt

zu i ergänzt, kein ε mehr zu dulden, während α statt [ε]ι gut passen
würde. Die Spur des nächsten Buchstabens sieht wie der Beginn
eines nach rechts unten schräg geneigten Striches aus, was zu ζ
oder ξ, aber kaum zu v paßt. Das führt auf die Lesung αναστέναζε,
die auch VN. an erster Stelle annehmen. Ich schlage daraufhin
άναστενάζε[ται vor. Zwar kenne ich das Wort nur im Aktiv, aber da
Homer άναστενάχομαι hat (II. 18, 315. 355), und zwar auch mit
Akk. d. Pers., so dürfte ein αναστενάζομαι,, sei es als Intensivum, sei
es in vollgültiger Medialbedeutung 'beklagt hei sich’, nicht unmöglich
sein. Den Akk. d. Pers. bei άναστενάζω Aisch. Choeph 355. Eur.
Herakl. 116f.
2 Zu δόντα statt έκδόντα Körte 254. Wie die Stellen zeigen, ist
das einfache δόντα nur möglich, wenn der Zusammenhang dies
'geben’ eindeutig als 'in die Ehe geben’ festlegt. Besonders charak-
teristisch Eur. Med. 288, wo 262 wieder aufgenommen wird1. Die
Kurzform im Pap. beweist also, daß zuvor — es braucht nicht un-
mittelbar zuvor zu sein — davon die Rede war, daß Tantalos die
Tochter in diese verhängnisvolle Ehe gab. Dafür spricht auch die
Art der Erwähnung des γάμος bei 5. — Ταντάλου βία: die Umschrei-
bung mehrfach in enger Folge: Sieben 448. 569. 571. 577. 620. 641;
sonst Choeph. 656. 893.
3/4 Der Satz gibt offensichtlich den Inhalt der Klage Niobes an
und ist also als Relativsatz oder, besser, als indirekter Fragesatz zu
ergänzen (so daß τον δόντα . . Ταντάλου βίαν Prolepse wäre). Da
εξοκέλλω transitiv und intransitiv konstruiert wird und wir zu ßiov
die Variante γάμ(ον ?) über der Zeile lesen, lassen sich verschiedene
Möglichkeiten des Gedankens erwägen. Ich gehe von dem Anstoß
aus, den schon Körte an der scheinbaren Verkürzung des Bildes
(άλίμενον prädikativ auf das strandende'Fahrzeug’ bezogen) nahm.
Wirklich wird άλίμενος und εύλίμενος, soweit ich sehe, nur mit Vor-
stellungen der 'Küste’ oder allenfalls des 'Meeres’ verbunden (Aisch.
Hik. 768. Eur. Alk. 595f. Kykl. 349. Hel. 1132. 1211. 1463. Hek.
1025 unklar; Aristoph. Vö: 1400. Plat. Ges. 704b). Da ferner hei
εξοκέλλω und verwandten Ausdrücken durchweg der dazugehörige
'Strand’ genannt zu werden scheint (Aisch. Ag. 666. Hik. 438. Eur.
Tro. 136f. Herodot 7, 182. Menand. Fr. 60 Meineke. Isokr. 7, 18.
όκέλλω: Eur. IT. 1379. κέλλω: Aisch. Hik. 16. 324ff. Ag. 696.
Eum. 10. Prom. 1-83f. Soph. Trach. 804. Eur. Hipp. 139f. Hek.
1057. El. 139. Rhes. 753. 895), so würde ich am liebsten άλίμενον
γάμον als die 'hafenlose Küste’ fassen, an der Tantalos die Tochter
hat stranden lassen: άλίμενον γάμον wäre nicht kühner als Eur.
Kykl. 347ff. (Odysseus zu Polyphem) αίαΐ, πόνους μέν Τρωικούς
1 262 darf nicht gestrichen werden. Auf welchem Wege der eben auf-
tretende Kreon so schnell die Drohung der Medea gehört haben kann, dem
rechnen wir seit Tycho von Wilamowitz nicht mehr peinlich nach. Der Zu-
schauer soll sich bei 287f. der Drohung Medeas erinnern; weiter macht er sich
keine Gedanken.
 
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