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Tellenbach, Gerd; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 1. Abhandlung): Roemischer und christlicher Reichsgedanke in der Liturgie des fruehen Mittelalters — Heidelberg, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.40170#0024
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Gerd Tellenbach:

des Westens“ war, sind die Beziehungen zwischen den germanischen
Staatskirchen und der römischen Kirche nur locker und unbeständig
gewesen1. In diesen Zeiten nun war im Norden und Westen Europas
die gallikanische Liturgie vorherrschend, die in mehreren Sakra-
mentaren des 7. Jahrhunderts greifbar wird. Sie ist offenbar orien-
talischen Ursprungs, wurde aber mannigfaltig fortgebildet2. Doch
daneben ist schon damals die römische Liturgie wirksam geworden.
Denn wenn auch die kirchenrechtliche Bindung an die Papstkirche
sehr schwach war, so ist doch der Apostelfürst als machtvoller
Heiliger verehrt worden. Zahlreiche vornehme Angelsachsen und
Pranken pilgerten an das Grab des heiligen Petrus und achteten
die Gebräuche der römischen Kirche hoch. So kam es, daß sie
versuchten, ihnen bei sich Eingang zu schaffen. Allen voran haben
sich Angelsachsen darum bemüht, und von ihnen sind offenbar
römische Elemente zum Festlande hinübergetragen worden3. Aber
auch unmittelbar wirkte Rom auf das Leben der fränkischen
Kirche. Solche Einflüsse werden uns noch sichtbar etwa in dem
Missale Francorum, das eine Verbindung von gallikanischer und
römischer Liturgie darstellt, oder in dem gallikanisierten Sacramen-
tarium Gelasianum (Vat. Reg. 316), von dem schon die Rede war4.

1 Ygl. Kleinclausz, L’empire Carolingien, S. 98ff.; E. Caspar, Ge-
schichte des Papsttums II (1933), 491 ff.; E. Pfeil, Die fränkische und deutsche
Romidee des frühen Mittelalters, Forsch, z. mittelalterl. u. neueren Gesch. III
(1929), 67ff.
2 Vgl. Art. Gallicane in F. Cabrol und H. Leclercq, Dictionnaire
d’archeologie ehret, et de liturgie VI (1924), 473ff.; Eisenhofer, Handbuch
I, 32ff.
3 Vgl. Pfeil, Romidee, S. 56ff.; Th. Zwölfer, Sankt Peter, Apostel-
fürst und Himmelspförtner. Seine Verehrung bei den Angelsachsen und
Franken (1929). Caspar, Papstgeschichte II, 676ff. Interessant ist in diesem
Zusammenhang auch die Beobachtung, daß Petri Stuhlfeier in diesen Jahr-
hunderten im Norden begangen wurde, während sie in Rom außer Übung
gekommen war. Vgl. Lietzmann, Petrus und Paulus, S. 93ff.; Th. Klauser,
Der Ursprung des Festes Petri Stuhlfeier am 22. Februar, Ephem. Liturg. XLI
(1927), 44ff. Das Maß des angelsächsischen Einflusses auf das Festland wird
verschieden beurteilt. Sehr hoch eingeschätzt wird es von C. Silva-Tarouca,
Giovanni „Archicantor di S. Pietro a Roma e l’Ordo Romanus“ da lui com-
posto, Atti della Pontif. Accademia Romana di Archeologia, ser. III, Memorie
I 1 (1923), 158 ff.
4 Vgl. o. S. 5, ferner K. Mohlberg, Die neueste Studie über das „Galli-
kanische Missale von Bobbio“, Katholik XL (1909), 268f. und Messale glagoli-
tico 245f. Dort finden sich wichtige Erörterungen über den römischen Ein-
fluß auf die Sakramentare von Stowe, Bobbio und Francorum.
 
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