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Tellenbach, Gerd; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 1. Abhandlung): Roemischer und christlicher Reichsgedanke in der Liturgie des fruehen Mittelalters — Heidelberg, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.40170#0039
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Römischer und christlicher Reichsgedanke.

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Daß die Renovatio Romani imperii nur vom römischen Papst
und den Bürgern der Urbs ausgehen konnte, ist seit Heldmann
ziemlich allgemein anerkannt* 1. Auch über Motive und Formen des
Aktes vom Weihnächtstage des Jahres 800 ist man sich in vieler
Beziehung klarer und einiger geworden2. Obgleich Karl der Große
tatsächlich bereits Herr in Rom war, fehlte ihm formal die Berech-
tigung, von sich aus die höchste Gerichtsbarkeit auszuüben, deren
legitimer Inhaber immer noch der byzantinische Herrscher war.
Papst Leo III. brauchte einen Richter, der seine gefährlichen
Gegner, die vielleicht mit Byzanz in Verbindung standen, rechts-
gültig verurteilen konnte. Das vermochte nach römischer Auffas-
sung nur ein Imperator Romanus. Und so erhob denn das römische
Volk, veranlaßt und geführt vom Papst, den Frankenkönig zu
seinem Kaiser. Verständlich ist dieser Vorgang allerdings nur in
der Gesamtentwicklung jener päpstlichen und nationalitalischen
Revolution, die — seit Gregor II. und Leo III., dem Isaurier, im
Gange — auf die Emanzipation eines großen Teiles der reichs-
italischen Gebiete abzielte3.
deuten das Lateranmosaik anders. Vgl. dazu Rosenstock, Sav.Z.G.A. XLIX,
514 f. Es ist eben doch plausibler, daß neben Kaiser Konstantin Silvester I.,
nicht Petrus gestellt worden ist. Das ist der entscheidende Punkt, über den
völlige Gewißheit beim Stand der Überlieferung nicht zu gewinnen ist.
1 Vgl. Heldmann S. 207: Dennoch aber ist es klar, daß eine römische
Kaiserwürde des Frankenkönigs nur vom Boden'des römischen Reiches aus
verständlich ist. Vgl. dazu etwa Rosenstock, Sav.Z.G.A. XLIX, 513: „Nur
die Lage in der Stadt Rom im Jahre 800 kann daher das Kaisertum erklären“
oder A. Brackmann, Der römische Erneuerungsgedanke und seine Bedeutung
für die Reichspolitik der deutschen Kaiserzeit, Sitzungsber. d. Preuß.
Akad. phil. hist. Kl. (1932), S. 448 f.: Dieses Kaisertum des Jahres
800 wurzelte in der Gedankenwelt der Kurie und erwuchs aus den politischen
Bedürfnissen des ausgehenden VIII. Jahrhunderts“; ferner K. Hampe, Herr-
schergestalten des deutschen Mittelalters, S. 53ff.
2 Auf die Frage der Formen und ihrer geschichtlichen Bedeutung ist
hier nicht einzugehen.
3 Zur kaiserlichen Gerichtsbarkeit vgl. Dannenbauer, Ztschr. f. Kirchen-
gesch. XLIX (1930), 304 Anm. 3. — Daß Heldmann die Bedeutung der Vor-
gänge von 800 innerhalb der großen Emanzipationsbewegung Roms vom Ost-
reich nicht genügend zur Geltung bringt, ist vielleicht der wichtigste Punkt,
in dem Heldmanns Werk noch der Korrekturen bedarf. Eine endgültige
Klarlegung dieser Dinge dürfen wir von Bd. III von Caspars Papstgeschichte
erwarten. Caspar hat bereits in seinem Buch über Pippin und die römische
Kirche und in Bd. II der Papstgeschichte das für die ältere Zeit Wesentliche
dargelegt. Sachlich mit der Unterschätzung der Umorientierung Italiens im
8. Jahrhundert hängt es auch zusammen, daß Held mann m. E. der römischen
3 Sitzungsbericht d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1934/35. 1. Abh.
 
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