3. Verbum caro factum est (n. 4—6).
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hat sie alles, was sie hat, wie der Gesichtssinn von seinem Gegen-
stände sein lebendiges Sein hat, nämlich das Sehen, und das Ge-
sehenwerden fällt (hier > mit dem Sehen zusammen usw. Sieh <das
einzelne) bei Jordan nach, der Eckhart folgt. Das Licht der
Vernunft verhält sich zu ihrem Gegenstand einigermaßen wie das
Licht des Auges zu dem seinen usw.
5. ,,Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn
geworden“. Bemerke, daß nichts ohne Ursache und Grund ist.
Da also jedes Wesen, das irgendwo ist, nicht ohne Grund ist, so
war das Wort immer in der Welt: denn, „die Welt ist durch ihn
geworden“. Aber „die Welt hat ihn nicht erkannt“.
Bemerke: er sagt ihn, und zwar deshalb, weil Logos im Grie-
chischen, woher die Übersetzung gemacht ist, männlichen Ge-
schlechts ist. Und beachte die Worte, daß „er in der Welt war“,
und doch ist „diese Welt durch ihn geworden“. Denn bevor die
Welt war, war er, weil „die Welt durch ihn geworden ist“.
0. Es scheint, daß die Welt, obgleich durch ihn geworden, doch
immer gewesen ist, wie der Strahl immer war, solange die Sonne
war, obgleich er von der Sonne ist. Denn immer war der Schöpfer,
und bei ihm ist kein Wandel und keine Veränderlichkeit. Daher
war die Welt immer. Denn es kann nicht anders sein noch be-
griffen werden, weil ihr Schöpfer ewig ist; und weil die Welt immer
in der Macht ihres Schöpfers war, deshalb war die Welt immer im
Schöpfer. Wenn es aber heißt, daß die ewige Welt geworden ist,
während die ewige Welt doch nichts anderes ist als der Schöpfer
selbst, so ergibt sich, inwiefern sie geworden ist, auf diese Wei-
se: die sichtbare Welt sei durch ihn geworden, besagt, daß er
sich, den Unsichtbaren, durch sich selbst zu einem Sichtbaren
machte, und dies Ganze besagt, daß die ewige und unsichtbare
Welt zeitlich und sichtbar geworden ist. (Das ist ähnlich), wie
wenn ein immer unsichtbares Wesen zu seiner eigenen Verherr-
5. loh. 1, 10.
15. seq. De hac quaestione cf. De Docta Ignorantia II c. 2, p. 66, 24 — 67, 6.
Infra p. 108 seq.
17. cf. Iac. 1, 17.
23 — 26. cf. Sermo „Lux in tenebris lucet“ (Coloniae 1451; V1 62ra) n. 2:
„Dixit Deus: fiat lux, et facta est lux.“ Vidit igitur Deus lucem, antequam
esset facta, et illa lux, quae, antequam esset facta sensibilis, visa est oculo
divino, ista est lux absoluta in se complicans omne explicabile, sicut unitas
omnem numerum.“ „Dies sanctificatus“ p. 28, 17 seq.
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hat sie alles, was sie hat, wie der Gesichtssinn von seinem Gegen-
stände sein lebendiges Sein hat, nämlich das Sehen, und das Ge-
sehenwerden fällt (hier > mit dem Sehen zusammen usw. Sieh <das
einzelne) bei Jordan nach, der Eckhart folgt. Das Licht der
Vernunft verhält sich zu ihrem Gegenstand einigermaßen wie das
Licht des Auges zu dem seinen usw.
5. ,,Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn
geworden“. Bemerke, daß nichts ohne Ursache und Grund ist.
Da also jedes Wesen, das irgendwo ist, nicht ohne Grund ist, so
war das Wort immer in der Welt: denn, „die Welt ist durch ihn
geworden“. Aber „die Welt hat ihn nicht erkannt“.
Bemerke: er sagt ihn, und zwar deshalb, weil Logos im Grie-
chischen, woher die Übersetzung gemacht ist, männlichen Ge-
schlechts ist. Und beachte die Worte, daß „er in der Welt war“,
und doch ist „diese Welt durch ihn geworden“. Denn bevor die
Welt war, war er, weil „die Welt durch ihn geworden ist“.
0. Es scheint, daß die Welt, obgleich durch ihn geworden, doch
immer gewesen ist, wie der Strahl immer war, solange die Sonne
war, obgleich er von der Sonne ist. Denn immer war der Schöpfer,
und bei ihm ist kein Wandel und keine Veränderlichkeit. Daher
war die Welt immer. Denn es kann nicht anders sein noch be-
griffen werden, weil ihr Schöpfer ewig ist; und weil die Welt immer
in der Macht ihres Schöpfers war, deshalb war die Welt immer im
Schöpfer. Wenn es aber heißt, daß die ewige Welt geworden ist,
während die ewige Welt doch nichts anderes ist als der Schöpfer
selbst, so ergibt sich, inwiefern sie geworden ist, auf diese Wei-
se: die sichtbare Welt sei durch ihn geworden, besagt, daß er
sich, den Unsichtbaren, durch sich selbst zu einem Sichtbaren
machte, und dies Ganze besagt, daß die ewige und unsichtbare
Welt zeitlich und sichtbar geworden ist. (Das ist ähnlich), wie
wenn ein immer unsichtbares Wesen zu seiner eigenen Verherr-
5. loh. 1, 10.
15. seq. De hac quaestione cf. De Docta Ignorantia II c. 2, p. 66, 24 — 67, 6.
Infra p. 108 seq.
17. cf. Iac. 1, 17.
23 — 26. cf. Sermo „Lux in tenebris lucet“ (Coloniae 1451; V1 62ra) n. 2:
„Dixit Deus: fiat lux, et facta est lux.“ Vidit igitur Deus lucem, antequam
esset facta, et illa lux, quae, antequam esset facta sensibilis, visa est oculo
divino, ista est lux absoluta in se complicans omne explicabile, sicut unitas
omnem numerum.“ „Dies sanctificatus“ p. 28, 17 seq.