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Josef Koch Cusanus-Texte: I. Predigten 2/5.

eignet sich wenig zur Festpredigt. Um so mehr bevorzugt sie
Nicolaus als Bischof1. Zweierlei scheint ihn dabei bewogen zu
haben, einmal seine eigene stets wachsende Liebe zur Hl. Schrift,
sodann der Gedanke, in der Homilie den verschiedenen Gruppen
seiner Zuhörer leichter die ihnen zukommende Belehrung geben zu
können als in der thematischen Predigt, die je nach dem Thema
— man denke nur an ,,Ubi est qui natus est rex Iudaeorum ?“' —
leicht über die Köpfe der Zuhörer hinweggehen konnte. Und daß
man ihm das auch vorwarf, ersehen wir aus seiner ironischen Be-
merkung über seine Kritiker (n. 3).
Die Erläuterungen können sich hei der vorliegenden Predigt
auf ein Mindestmaß beschränken. Die eigentliche Schwierigkeit für
den heutigen Leser liegt in der von Cu sanus angewandten alle-
gorischen Exegese. Für sie gibt es kaum ein Wort der Schrift, das
neben dem buchstäblichen Sinn nicht noch einen tiefem, geheimnis-
vollen Sinn hätte. So hietet Nicolaus hei dem Vers ,,Es war aber
die sechste Stunde“ eine dreifache Auslegung: Mit Augustinus
deutet er den Tag als die Weltzeit; die Stunden sind dann die welt-
geschichtlichen Epochen. Sie lassen sich aber auch auf die Stadien
der geistigen Reifung deuten: der Knabe hat einen andern Geist
als das Kind, der Jüngling einen andern als der Knabe usw. Welche
Deutung man auch vorziehen mag, jedenfalls kommt die Mittags-
stunde immer Christus zu, weil er ,,die Sonne der Gerechtigkeit
ist“, die Fülle des Lichtes, ,,das jeden Menschen erleuchtet“. Neben
diese beiden allegorischen Deutungen stellt Cu sanus die schlicht
geschichtliche: die Erwähnung der Tageszeit weist auf den langen
Weg hin, den der Herr bereits während des Vormittags zurück-
gelegt hatte. Noch reicher ist die Deutung der Worte ,,Sie kam,
Wasser zu schöpfen“. Zunächst stellt er hier den toten Jakobs-
brunnen und sein elementares Wasser dem lebendigen Brunnen, der
Menschheit Christi, und dem in seiner Tiefe befindlichen Wasser
des Wortes Gottes gegenüber. Der Jakobsbrunnen bedeutet aber
auch die menschliche Philosophie, und so ergibt sich die Gegen-

1 Zum Beweise sei nur auf die zahlreichen Homilien des ersten "Viertels
des Jahres 1457 hingewiesen: „Obtulerunt“ (Epiphaniepredigt!); „Volo mun-
dare“ (23. 1.); „Simile est regnum caelorum“ (6. 2.; der zweite Teil der
Predigt ist eine Homilie über Matth. 13, 24—30); „Sic currite“ und „Ite et
vos“ (13. 2.); „Sufficit“ (20. 2.); „Ut filiilucis“ (20. 3.); „Loquimini“ (25. 3.);
„Non sumus ancillae filii“ (27. 3.; der erste Teil ist eine Homilie über Gal.
4. 22 — 311.
 
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