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Honecker, Martin; Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1937/38, 2. Abhandlung): Nikolaus von Cues und die griechische Sprache — Heidelberg, 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.41994#0010
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2

Martin Honecker:

des griechischen Textes neu hergestellt hatte, eine verhältnismäßig
gute Interpretationsgrundlage zur Verfügung.
Anders liegt die Sache jedoch für Nikolaus von Gues, dem
neuerdings die wahrlich nicht unbedeutende Funktion zugesprochen
wird, für das Abendland der erste Vermittler eines echten Plato-
nismus gewesen zu sein2. Denn der Cusaner besaß zwar einen nicht
unerheblichen Teil der platonischen Werke in lateinischer Über-
setzung; jedoch eine vollständige Übertragung, wie sie später Mar-
siglio Ficino hergestellt hat, hatte Nicolaus Gusanus noch nicht
zur Hand. Außerdem ist die Zuverlässigkeit der ihm zugänglichen
Platonübersetzungen noch nicht sichergestellt. Wenn also Nikolaus
von Cues — was behauptet wird — imstande gewesen sein soll, die
neuplatonisch infizierte Platondoxographie des Mittelalters3 zu
überwinden und zum echten Platonismus durchzustoßen, so muß
er dazu wohl ein anderes Mittel zur Verfügung gehabt haben, und
dies habe, so sagt man, in seiner griechischen Sprachkenntnis be-
standen, die ihn befähigt haben soll, Platons Schriften im Urtext
zu lesen und zu verstehen4.
Es erscheint deshalb als ein Desiderat der Cusanus-For-
schung, über die griechischen Sprachkenntnisse des Nikolaus von
Gues, soweit wie möglich, Klarheit zu schaffen. Außerdem wird
noch festzustellen sein, ob der Cusaner je Gelegenheit gehabt hat,
griechische Platontexte zu studieren, bzw. ob sich bei ihm irgend-
welche Spuren einer griechischen Platonlektüre ermitteln lassen.
Unsere Darstellung soll so angelegt werden, daß wir zunächst
Zusehen, welche Beweise von neueren Autoren dafür angeführt
werden, daß Nicolaus Gusanus in dem gekennzeichneten Umfange
2 Eine der Grundthesen von Ernst Gassirer, Individuum und Kosmos
in der Philosophie der Renaissance. Studien der Bibliothek Warburg X (1927).
Wesentlich anders: Ernst Hoffmann, Das Universum des Nikolaus von
Cues. Cusanusstudien I = Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der
Wissenschaften, Philos.-histor. Klasse, Jhrg. 1929/30, 3. Abhdlg. (1930).
3 Clemens Baeumker, Der Platonismus im Mittelalter. Studien und
Charakteristiken zur Geschichte der Philosophie, insbes. des Mittelalters, hrsg.
von Martin Grabmann (Beiträge zur Geschichte der Philosophie des Mittel-
alters XXV, Heft 1/2, 1927), S. 139—179. ■— Ders., Mittelalterlicher und
Renaissance-Platonismus. Ebd. S. 180—193. —· Ernst Hoffmann, Platonis-
mus und Mittelalter. Vorträge der Bibliothek Warburg III (1924). — Ray-
mond Ivlibansky, Ein Proklosfund und seine Bedeutung. Sitzungsberichte
der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philos.-histor. Klasse, Jhrg.
1928/29, 5. Abhdlg. (1929), S. 18—25.
4 Cassirer 2 16, 36.
 
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