Cusanus-Studien: II. Nikolaus von Cues und die griechische Sprache. 43
chische kenne Substantivbildungen auf -τας in Parallele zu lateini-
schen Wörtern mit diesem Endlaut127, das deutet auf keine allzu
intime Vertrautheit mit der griechischen Sprache hin128.
Als Abschluß des lexikalischen Materials und zugleich als Über-
gang zum folgenden sei noch eine ausdrückliche Bekundung des
Cusaners über das Genus eines Suhstantivums angefügt:
44. λόγος est generis masculini.
Pred. „Verbum caro factum est“ (Brixen 1454) — V2 36ra: logos;
CT I 2/5 78, 10.
127 Jac. Faber Stapulensis suchte den Fehler zu verbessern, indem er
die nicht minder seltsame Mischform ontitas einsetzte (p I 3V).
128 Nicht unerwähnt soll bleiben, daß Nikolaus von Cues auch einmal
in einer etymologischen Diskussion, die sich unter den Basler Huma-
nisten entspann, eine gewisse Rolle gespielt hat. Die Kenntnis dieser An-
gelegenheit verdanken wir R. Sabbadini, der darauf bezügliche Stücke einer
Humanisten-Korrespondenz aus einer Hs. des Seminars von Casale Monferrato
veröffentlicht hat (41a 409ff., 41b 230ff.). Yansteenberghe deutet auf
diese Zusammenhänge hin, wenn er (57 22) sagt: „Pizzolpassus alla jusqu’ä
le consulter sur la signification exacte d’un mot grec, apres avoir pris l’avis
d’Aurispa lui-meme et d’un savant oriental de passage ä Bäle!“ -—- Der Streit
drehte sich um das Wort ,,Areopag“, wegen dessen Bedeutung Pizzolpasso im
Mai 1437 eine Anfrage an Pier Candido D ecembrio richtete. Er will selbst
von Aurisp a (der 1433/34 in Basel gewesen war) die Deutung erhalten haben,
der Areopag sei ein Ort, an dem Tierkämpfe stattgefunden hätten, und ein
in Basel anwesender des Griechischen kundiger Gelehrter (Sabbadini ver-
mutet in ihm den schon genannten Andreas de Constantinopoli, (Erz-)Bischof
von (Kolossi auf) Rhodus; 41b 237, Anm. 1; vgl. ob. Anm. 65) hatte ihm
eine schriftliche Erklärung etymologischen Inhaltes geliefert, die in derselben
Richtung gelegen zu haben scheint und die Pizzolpasso seinem Briefpartner
zur Begutachtung vorlegte. Außerdem berichtete er (in einem späteren Briefe),
er habe von Nicolaus Cusanus erfahren, der Areopag sei zu Pestzeiten zur
Isolierung von Pestkranken benutzt worden. Die Korrespondenz geht mehr-
mals hin und her. Decembrio weist alle vorgeschlagenen Erklärungen und
Beschreibungen, teilweise mit starkem Spott, ab und bezeichnet den Areopag
einfachhin als einen Ort, an dem weise Männer (divinarum et humanarum
[rerum] docti) Rechtsentscheidungen gefällt hätten. Pizzolpasso hebt im Brief-
wechsel zweimal hervor, daß Nikolaus von Cues im Besitz vorzüglicher grie-
chisch-lateinischer Vokabulare sei. Beim ersten Male hat es den Anschein,
als wolle er damit die angeführte Erklärung des Cusanus unterstreichen, wäh-
rend es beim zweiten Male, nach Decembrios kräftiger Ablehnung, so aussieht,
als wolle er damit sich selbst und Cusanus entschuldigen. Aus dem Gesagten
geht aber hervor, daß Nikolaus von Cues keinen bedeutenden und ausschlag-
gebenden Anteil an jener Erörterung gehabt hat. Von den erwähnten Voka-
bularen, die heute noch erhalten sind, wird weiter unten die Rede sein. Eine
Erklärung für das Wort „Areopag“ findet sich in ihnen übrigens nicht.
chische kenne Substantivbildungen auf -τας in Parallele zu lateini-
schen Wörtern mit diesem Endlaut127, das deutet auf keine allzu
intime Vertrautheit mit der griechischen Sprache hin128.
Als Abschluß des lexikalischen Materials und zugleich als Über-
gang zum folgenden sei noch eine ausdrückliche Bekundung des
Cusaners über das Genus eines Suhstantivums angefügt:
44. λόγος est generis masculini.
Pred. „Verbum caro factum est“ (Brixen 1454) — V2 36ra: logos;
CT I 2/5 78, 10.
127 Jac. Faber Stapulensis suchte den Fehler zu verbessern, indem er
die nicht minder seltsame Mischform ontitas einsetzte (p I 3V).
128 Nicht unerwähnt soll bleiben, daß Nikolaus von Cues auch einmal
in einer etymologischen Diskussion, die sich unter den Basler Huma-
nisten entspann, eine gewisse Rolle gespielt hat. Die Kenntnis dieser An-
gelegenheit verdanken wir R. Sabbadini, der darauf bezügliche Stücke einer
Humanisten-Korrespondenz aus einer Hs. des Seminars von Casale Monferrato
veröffentlicht hat (41a 409ff., 41b 230ff.). Yansteenberghe deutet auf
diese Zusammenhänge hin, wenn er (57 22) sagt: „Pizzolpassus alla jusqu’ä
le consulter sur la signification exacte d’un mot grec, apres avoir pris l’avis
d’Aurispa lui-meme et d’un savant oriental de passage ä Bäle!“ -—- Der Streit
drehte sich um das Wort ,,Areopag“, wegen dessen Bedeutung Pizzolpasso im
Mai 1437 eine Anfrage an Pier Candido D ecembrio richtete. Er will selbst
von Aurisp a (der 1433/34 in Basel gewesen war) die Deutung erhalten haben,
der Areopag sei ein Ort, an dem Tierkämpfe stattgefunden hätten, und ein
in Basel anwesender des Griechischen kundiger Gelehrter (Sabbadini ver-
mutet in ihm den schon genannten Andreas de Constantinopoli, (Erz-)Bischof
von (Kolossi auf) Rhodus; 41b 237, Anm. 1; vgl. ob. Anm. 65) hatte ihm
eine schriftliche Erklärung etymologischen Inhaltes geliefert, die in derselben
Richtung gelegen zu haben scheint und die Pizzolpasso seinem Briefpartner
zur Begutachtung vorlegte. Außerdem berichtete er (in einem späteren Briefe),
er habe von Nicolaus Cusanus erfahren, der Areopag sei zu Pestzeiten zur
Isolierung von Pestkranken benutzt worden. Die Korrespondenz geht mehr-
mals hin und her. Decembrio weist alle vorgeschlagenen Erklärungen und
Beschreibungen, teilweise mit starkem Spott, ab und bezeichnet den Areopag
einfachhin als einen Ort, an dem weise Männer (divinarum et humanarum
[rerum] docti) Rechtsentscheidungen gefällt hätten. Pizzolpasso hebt im Brief-
wechsel zweimal hervor, daß Nikolaus von Cues im Besitz vorzüglicher grie-
chisch-lateinischer Vokabulare sei. Beim ersten Male hat es den Anschein,
als wolle er damit die angeführte Erklärung des Cusanus unterstreichen, wäh-
rend es beim zweiten Male, nach Decembrios kräftiger Ablehnung, so aussieht,
als wolle er damit sich selbst und Cusanus entschuldigen. Aus dem Gesagten
geht aber hervor, daß Nikolaus von Cues keinen bedeutenden und ausschlag-
gebenden Anteil an jener Erörterung gehabt hat. Von den erwähnten Voka-
bularen, die heute noch erhalten sind, wird weiter unten die Rede sein. Eine
Erklärung für das Wort „Areopag“ findet sich in ihnen übrigens nicht.