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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 2. Abhandlung): Rom und die Christen im ersten Jahrhundert — Heidelberg, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.42027#0025
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Rom imd die Christen im ersten Jahrhundert

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tens hofft er durch seine Loyalität seine Gemeinde für die Zukunft
vor weiteren Verfolgungen zu schützen. Drittens aber entspricht
diese Unterordnung unter die irdischen Gewalten, die ihre Herr-
schaft von dem göttlichen Herrscher der Welt erhalten haben
(61, 1), seiner tiefen Überzeugung, daß die Ordnung in der Welt
wie in der Gemeinde bewahrt werden müsse, die ομόνοια des Makro-
kosmos (20, 11), des politischen Kosmos (60, 4; 61, 1) wie des
Mikrokosmos der Gemeinde (34, 7; 50, 5; 63, 2; 65, 1). Um diese
Mahnung μάθετε ύποτάσσεσθαι (57, 2) einzuprägen, ist ja der ganze
Brief geschrieben.
V.
Die soeben entwickelte Auffassung des viel erklärten Abschnitts
im I. Klemensbrief scheint auf den ersten Blick die historische Aus-
beute der Stelle etwas einzuschränken. Wenn man früher meinte,
Andeutungen heraushören zu können, die unseren geschichtlichen
Fragen nach dem Tod des Paulus und Petrus die erwünschte Ant-
wort gäben, so sehen wir jetzt, daß wir eine solche Antwort gar
nicht erwarten können, weil der Verfasser gar nicht Historisches
mitteilen, sondern in erster Linie moralphilosophische Betrach-
tungen anstellen will. Aber diese Erkenntnis gibt uns auch wieder-
um die Möglichkeit, das wenige, was die Stelle besagt, historisch
zu sichern. Dazu bedarf es einer kurzen Analyse der Abschnitte
über Paulus und Petrus.
Auch im reichhaltigeren Paulus-Abschnitt will der Verf.
nicht erzählen, sondern mit Hilfe gewisser Daten philosophisch er-
mahnen. Diese Daten entnimmt er sicher nicht der Apostel-
geschichte, die in jenen Jahren erst entstand; möglicherweise kennt
er den II. Korintherbrief1, und wahrscheinlich sind ihm darüber
hinaus noch Mitteilungen über den Apostel zugekommen — er setzt
ja solche Kenntnis auch bei seinen Lesern voraus! Voran steht die
Tugend der υπομονή; dann werden die πόνοι und έργα genannt —
von der Nebeneinanderstellung beider war schon die Rede. An
erster Stelle erwähnt Klemens die siebenmalige Haft2 — Erdulden

1 Den I. Korintherbrief zitiert Klemens 47, 1 als τήν επιστολήν του
μακαρίου Παύλου. Der Singular beweist nicht unbedingt, daß er nur unsern
ersten Brief kannte; ή επιστολή kann sich auch auf die Abschrift beider
Briefe beziehen.
2 Das kann eine sprichwörtliche, es kann aber auch eine eirechnete Zahl
sein. Klemens könnte II. Kor. 11, 23 nach dem Text von S* G gelesen haben
 
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