II. Stammpflanze und Kulturform des Ölbaums
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Bologna, erwiesen1. Seine Früchte wurden schon in frühen vor-
geschichtlichen Perioden, vor seiner Veredlung, von den Menschen
gesammelt und als Nährmittel genossen; das ergibt sich aus Fun-
den von kleinen Olivensteinen, die offenbar der wilden Stammform
angehören, in Fundstätten aus paläolithischer Zeit in Mentone an
der französischen Riviera, aus neolithischer Zeit hei El Garcel in
Spanien; auch in Pfahlbauten des Mincio bei Peschiera und von
Bor bei Pacengo am Gardasee aus der Bronzezeit bzw. frühesten
Eisenzeit sind solche kleinen Olivenkerne gefunden worden2. Der
wilde Ölbaum war also schon in der Jungtertiärzeit und im älte-
ren und jüngeren Steinzeitalter in ganz Südeuropa ein ein-
heimischer Strauch; er ist keinenfalls erst durch Verwil-
derung aus dem zahmen Ölbaum entstanden.
Damit ist aber noch nicht gesagt, daß der mediterrane Oleaster
die Stammpflanze des kultivierten Ölbaums ist. Zwischen dem
Oleaster und dem Ölbaum bestehen bei aller Ähnlichkeit
doch gewisse markante Unterschiede. Der wilde Ölbaum hat
vierkantige, in Dornen auslaufende Zweige, kleine, längliche oder
eiförmige, lederartige Blätter und kleine, bittere Früchte mit wenig
Fleisch und Ölgehalt; der angepflanzte Ölbaum hat ,,wehrlose,
nahezu rundliche Zweige, größere, elliptische bis schmal-lanzett-
liche Blätter und ansehnliche bis pflaumengroße, ölreiche Früchte“3.
Diese Unterschiede werden von Fischer (S. 5) stark betont;
er behauptet, daß der Ölbaum bei Mangel an Pflege nie zu einem
Oleaster verwildere, und daß umgekehrt der Oleaster, außer durch
Propfen, nie zu einem Ölbaum kultiviert werden könne. ,,Der Öl-
baum wird auch da,“ sagt er (S. 5), „wo er, wie etwa in Barka,
viele Jahrhunderte, ja vielleicht ein Jahrtausend lang nicht ge-
pflegt worden ist, nicht zum Oleaster, er verkümmert, die Früchte
werden kleiner, wie bei jedem ungepflegten Obstbaume, aber er
bleibt ein Ölbaum. Der Oleaster seinerseits bringt zwar bei sorg-
samer Düngung, Beschneidung etc. etwas größere und ölhaltigere
Früchte hervor wie vorher, auch ist das wenige so gewonnene Öl
besser wie vorher, aber er bleibt ein Oleaster, nur durch wirkliche
Veredlung, Pfropfen, wie sie in Algerien in den Wäldern wilder Öl-
bäume im großen durchgeführt worden ist, wird er zum Ölbaum.“
Fischer weist noch darauf hin (S. 6), daß die Berber der Atlas-
1 Engler bei Hehn6 116f. 8118.
2 Buschan 134. Engler bei Hehn8 119.
3 Rikli, Pflanzenkleid d. Mittelmeerländer 52. Fischer 5. Fickende Y 1.
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Bologna, erwiesen1. Seine Früchte wurden schon in frühen vor-
geschichtlichen Perioden, vor seiner Veredlung, von den Menschen
gesammelt und als Nährmittel genossen; das ergibt sich aus Fun-
den von kleinen Olivensteinen, die offenbar der wilden Stammform
angehören, in Fundstätten aus paläolithischer Zeit in Mentone an
der französischen Riviera, aus neolithischer Zeit hei El Garcel in
Spanien; auch in Pfahlbauten des Mincio bei Peschiera und von
Bor bei Pacengo am Gardasee aus der Bronzezeit bzw. frühesten
Eisenzeit sind solche kleinen Olivenkerne gefunden worden2. Der
wilde Ölbaum war also schon in der Jungtertiärzeit und im älte-
ren und jüngeren Steinzeitalter in ganz Südeuropa ein ein-
heimischer Strauch; er ist keinenfalls erst durch Verwil-
derung aus dem zahmen Ölbaum entstanden.
Damit ist aber noch nicht gesagt, daß der mediterrane Oleaster
die Stammpflanze des kultivierten Ölbaums ist. Zwischen dem
Oleaster und dem Ölbaum bestehen bei aller Ähnlichkeit
doch gewisse markante Unterschiede. Der wilde Ölbaum hat
vierkantige, in Dornen auslaufende Zweige, kleine, längliche oder
eiförmige, lederartige Blätter und kleine, bittere Früchte mit wenig
Fleisch und Ölgehalt; der angepflanzte Ölbaum hat ,,wehrlose,
nahezu rundliche Zweige, größere, elliptische bis schmal-lanzett-
liche Blätter und ansehnliche bis pflaumengroße, ölreiche Früchte“3.
Diese Unterschiede werden von Fischer (S. 5) stark betont;
er behauptet, daß der Ölbaum bei Mangel an Pflege nie zu einem
Oleaster verwildere, und daß umgekehrt der Oleaster, außer durch
Propfen, nie zu einem Ölbaum kultiviert werden könne. ,,Der Öl-
baum wird auch da,“ sagt er (S. 5), „wo er, wie etwa in Barka,
viele Jahrhunderte, ja vielleicht ein Jahrtausend lang nicht ge-
pflegt worden ist, nicht zum Oleaster, er verkümmert, die Früchte
werden kleiner, wie bei jedem ungepflegten Obstbaume, aber er
bleibt ein Ölbaum. Der Oleaster seinerseits bringt zwar bei sorg-
samer Düngung, Beschneidung etc. etwas größere und ölhaltigere
Früchte hervor wie vorher, auch ist das wenige so gewonnene Öl
besser wie vorher, aber er bleibt ein Oleaster, nur durch wirkliche
Veredlung, Pfropfen, wie sie in Algerien in den Wäldern wilder Öl-
bäume im großen durchgeführt worden ist, wird er zum Ölbaum.“
Fischer weist noch darauf hin (S. 6), daß die Berber der Atlas-
1 Engler bei Hehn6 116f. 8118.
2 Buschan 134. Engler bei Hehn8 119.
3 Rikli, Pflanzenkleid d. Mittelmeerländer 52. Fischer 5. Fickende Y 1.
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