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Hoops, Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1942/43, 3. Abhandlung): Geschichte des Ölbaums: vorgelegt am 20. Juni 1943 — Heidelberg, 1944

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https://doi.org/10.11588/diglit.42033#0056
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56

Johannes Hoops:

Bei den Untersuchungen über die Heimat der Kulturpflanzen
und Haustiere steht die Wissenschaft immer noch zu sehr im Banne
der Hehn sehen Theorie ihrer asiatischen Herkunft, einer Theorie,
die in vielen Fällen zweifellos berechtigt ist, in ihrer Verallgemeine-
rung aber doch Europa zu sehr in den Schatten stellt.
Sind aber die oben angesetzten historischen Tatsachen und
Synchronismen richtig, so bleibt uns nur der Schluß übrig, daß
die Ölbaumkultur tatsächlich von zwei Mittelpunkten
ihren Ausgang genommen und sich verbreitet hat: von Syrien
und Palästina auf der einen, von Kreta auf der andern Seite.
Ich bin bei dem jetzigen Stand der Forschung in der Tat geneigt
anzunehmen, daß wir bei dem Ölbaum von einer doppelten Heimat
seiner Kultur auszugehen haben. Es wäre in diesem Fall vielleicht
auch möglich, daß die Veredlung von zwei verschiedenen
Stamm pflanzen ausging: einerseits von den beiden dornlosen
Oleaster-Arten, die Dalman in Palästina festgestellt hat (s. oben
S. 22f.), anderseits von dem dornigen mediterranen Oleaster.
Für die Annahme einer zwiefachen Heimat des veredelten Öl-
baums spricht noch eine andre wichtige Tatsache: sein griechi-
scher Name.

3. Griechenland.
Die Olivenzucht war zur Blütezeit der minoischen Kultur auch
auf dem griechischen Festland schon bekannt. Schliemann und
Tsuntas haben in Fundstätten der älteren Periode von Mykene
(in Argolis) Olivenkerne zutage gefördert1, und Tsuntas hat in
Tiryns (unweit Argos) einen Krug voll Olivenkerne gefunden2.
Daraus ergibt sich, daß man in der mykenischen Epoche auf
dem Peloponnes bereits Oliven aß und wohl auch Öl daraus
preßte3 * * *. Die Kultur der Olive war demnach sowohl auf dem grie-
chischen Festland als auch auf den Inseln schon vor der Ankunft
der Griechen heimisch.
Den Griechen selbst war der Ölbaum in ihrer nördlichen
Heimat unbekannt gewesen; sie lernten ihn erst heim Vordringen
1 Schräder bei Hehn 6 119, 8 120. Fischer 11.
2 Evans, Annual of the British School at Athens 7, 83 (1900—01).
3 Vgl. Evans, a. a.O. 83: “The discovery recorded by Tsountas of a jar
full of olive stones at Tiryns, and more isolated finds of the same at Mycenae
itself had already made it certain that the culture of the olive was known on
the mainland of Mycenaean Greece.”
 
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