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Hoops, Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1942/43, 3. Abhandlung): Geschichte des Ölbaums: vorgelegt am 20. Juni 1943 — Heidelberg, 1944

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https://doi.org/10.11588/diglit.42033#0080
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Wenn altfranzösische oder mittellateinische Dichter die Per-
sonen ihrer Dichtungen unter einem Ölbaum ruhen oder vom Roß
steigen lassen, so ist daraus nicht zu schließen, daß in Nordfrank-
reich oder Deutschland damals Ölbäume wuchsen, noch auch ander-
seits daß die Handlung in Südfrankreich spielt, wo der Ölbaum
tatsächlich heimisch ist. Ölbäume und Lorbeern gehören vielmehr
zur traditionellen landschaftlichen Staffage der mittelalterlichen
Epik und Lyrik, die aus der rhetorischen Topik der Spätantike ent-
stammt. Die poetische Dendrologie des Mittelalters ist nicht rea-
listisch, sondern typisch und konventionell, wie Ernst Robert
Curtius überzeugend dargelegt hat* 1.
Ein eigentümlicher Fall ist das Auftreten des Namens Oliva
für das Zisterzienserkloster und die dabei befindliche Ortschaft
zwischen Danzig und dem Seebad Zoppot. In südeuropäischen
Ländern ist Oliva als Ortsname mehrfach belegt, z. R. Oliva
bei Sagunt in Spanien (das alte Oieastrum), Oliva de Jerez in der
spanischen Provinz Estremadura südlich Badajoz, Oliva an der
Westküste Kalabriens südlich Amantea, Cala d'Oliva auf der Insel
Asimara nordwestlich von Sardinien, und andre mehr2. Aber nörd-
lich der Alpen steht das Oliva bei Danzig ganz vereinzelt da.
Woher die alte Zisterzienser-Abtei, deren Gründung auf das Jahr
1170 zurückgeht, ihren Namen hat, ist schwer zu sagen, zumal da
sich in keiner der erhaltenen Urkunden auch nur die geringste Er-
klärung des Namens findet. Man hat vermutet, daß die Mönche
den Namen erwählten, weil sie in dem Ölbaum das Sinnbild des
Friedens und der friedlichen und fruchtbringenden Kulturarbeit der
Zisterzienser erblickten. Nach einer angeblich alten Überlieferung
sollen die Mönche selber den Namen mit dem Ölberg von Jerusalem
(mons olivarum) in Zusammenhang gebracht haben3 *. Man hat auch
von St. Gallen, aus Südfrankreich bezogen und haben die Verhältnisse Anianes,
d. h. Südfrankreichs, vor Augen. Wenn das zutrifft, so ist es auffallend, daß
der Ölbaum, der doch in Südfrankreich sicher angebaut wurde, in beiden
Denkmälern fehlt. Vgl. dazu Baist, Zur Interpretation der ' Brevium Exempla5
u. des 'Capit. de Villis’, Vtjschr. f. Soz. u. Wirt.-Gesch. 12, 22ff. (1914).
Dopsch, Wirtschaftsentwicklung d. Karolingerzeit2 I 50 (1921).
1 ZfromPhil. 58, 221—24; 449 u. Anm. 2 (1938).
2 S. die Zusammenstellung bei Rikli, Pflanzenkleid d. Mittelmeerlän-
der 56.
3 Eine Mitteilung über Erklärungen des Namens des Zisterzienserklosters
und der Ortschaft Oliva bei Danzig verdanke ich Herrn Oberarchivrat Dr. Ulr.
Wendland vom Reichsarchiv Danzig durch Vermittlung meines Freundes
Museumsdirektor Dr. WerNer Panzer in Danzig.
 
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