Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab
13
Daß die Jünger ihre ersten Begegnungen mit dem Auf erstandenen in
Galiläa hatten, ist im Markusevangelium ausdrücklich angekündigt25 und
im Matthäusevangelium20, später auch noch im Petrusevangelium27 geschil-
dert. Einen Nachhall dieser Anschauung enthält auch das Anhangskapitel
des Johannesevangeliums, das sonst jerusalemisch orientiert ist28. Von den
älteren Evangelien hat nur Lukas die galiläische Überlieferung getilgt
und alle Osterereignisse konsequent nach Jerusalem oder in dessen nächste
Umgebung gezogen. Die theologischen Gründe, die für diese Lokalisie-
rung maßgebend waren, sind hier nicht zu erörtern29. Daß die jerusale-
mische Tradition sekundär ist, dürfte schon aus dem Übergewicht der
älteren Zeugen zu folgern sein30. Ein letztes Argument liefert unser Paulus-
text31. Die hier erwähnte Erscheinung vor fünfhundert Brüdern (und
Schwestern?) läßt sich in Jerusalem kaum unterbringen; sie weist also
45. 67, hat das richtig gesehen, aber dann die falsche Konsequenz gezogen, die
erste Erscheinung vor Petrus müsse in Jerusalem erfolgt sein; vgl. dagegen
mit noch nicht ganz ausreichender Begründung J. Finegan, Die Überlieferung
der Leidens- und Auferstehungsgeschichte Jesu (1934) 103 Anm. 5. Grund-
sätzlich wäre natürlich auch eine Reisebegegnung mit dem Auferstandenen
zwischen Jerusalem und Galiläa nicht undenkbar, wie sie F. C. Burkitt in:
Christian Beginnings (1924) 87f., in Analogie zur Quo-vadis-Legende ver-
fochten hat. Aber sie widerspräche dann der Weissagung des Engels Mk. 16, 7
par. und hinge überhaupt gänzlich in der Luft: Kirsopp Lake, Beginnings of
Christianity, ed. F. J. Foakes Jackson u. K. Lake I 5 (1933), Note II The
Command not to leave Jerusalem and the „Galilean Tradition“ S. 7ff., bes.
S. 13.
25 Mk. 14, 28; 16, 7.
26 Mt. 28, 16. Natürlich folgt Matthäus auch hier der Markusvorlage. Aber daß
seine selbständige' Ausführung der galiläischen Geschehnisse 28, 16ff. aus-
schließlich auf Markus zurückgehen sollte, ist gewiß nicht anzunehmen; gegen
W. Marxsen, Der Evangelist Markus (1956) 53.
27 Ev. Pt. 14, 60.
28 Joh. 21, 1; dazu R. Bultmann, Das Evangelium des Johannes (1941) 546:
„Der Redaktor wollte offenbar die Mk.-Mt.-Tradition von einer galiläischen
Erscheinung des Auferstandenen mit der johanneischen Darstellung kombinie-
ren. Indem er nun diese Geschichte nachfügte, nachdem schon zwei Erschei-
nungen des Auferstandenen erzählt worden waren (Joh. 20, 19—23; 24—29),
mußte er die Tradition, der er V. 1—13 entnahm, in diesem Punkte ausdrück-
lich korrigieren und betonen, daß hier die dritte ,Offenbarung' des Auf-
erstandenen erzählt ist.“
29 LIierzu LI. Conzelmann, Die Mitte der Zeit. Studien zur Theologie des Lukas
(1954) 78f. 113ff.; P. Schubert, The structure and significance of Luke 24, in:
Neutest. Studien f. Rud. Bultmann (19572 S, 165ff.) 183ff.
30 Zu diesen kann auch noch die mutmaßliche Vorlage zur Berufung Petri im
Lukasevangelium (5, 13—35) gezählt werden: u. S. 16.
31 Es erscheint mir in keiner Weise zwingend, daß der wahrscheinlich jerusa-
lemische Ursprung seiner Formel, wie Conzelmann, Auferstehung Sp. 700
will, für „eine entsprechende Vorstellung über den Ort der Erscheinungen“
zeugen müsse.
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Daß die Jünger ihre ersten Begegnungen mit dem Auf erstandenen in
Galiläa hatten, ist im Markusevangelium ausdrücklich angekündigt25 und
im Matthäusevangelium20, später auch noch im Petrusevangelium27 geschil-
dert. Einen Nachhall dieser Anschauung enthält auch das Anhangskapitel
des Johannesevangeliums, das sonst jerusalemisch orientiert ist28. Von den
älteren Evangelien hat nur Lukas die galiläische Überlieferung getilgt
und alle Osterereignisse konsequent nach Jerusalem oder in dessen nächste
Umgebung gezogen. Die theologischen Gründe, die für diese Lokalisie-
rung maßgebend waren, sind hier nicht zu erörtern29. Daß die jerusale-
mische Tradition sekundär ist, dürfte schon aus dem Übergewicht der
älteren Zeugen zu folgern sein30. Ein letztes Argument liefert unser Paulus-
text31. Die hier erwähnte Erscheinung vor fünfhundert Brüdern (und
Schwestern?) läßt sich in Jerusalem kaum unterbringen; sie weist also
45. 67, hat das richtig gesehen, aber dann die falsche Konsequenz gezogen, die
erste Erscheinung vor Petrus müsse in Jerusalem erfolgt sein; vgl. dagegen
mit noch nicht ganz ausreichender Begründung J. Finegan, Die Überlieferung
der Leidens- und Auferstehungsgeschichte Jesu (1934) 103 Anm. 5. Grund-
sätzlich wäre natürlich auch eine Reisebegegnung mit dem Auferstandenen
zwischen Jerusalem und Galiläa nicht undenkbar, wie sie F. C. Burkitt in:
Christian Beginnings (1924) 87f., in Analogie zur Quo-vadis-Legende ver-
fochten hat. Aber sie widerspräche dann der Weissagung des Engels Mk. 16, 7
par. und hinge überhaupt gänzlich in der Luft: Kirsopp Lake, Beginnings of
Christianity, ed. F. J. Foakes Jackson u. K. Lake I 5 (1933), Note II The
Command not to leave Jerusalem and the „Galilean Tradition“ S. 7ff., bes.
S. 13.
25 Mk. 14, 28; 16, 7.
26 Mt. 28, 16. Natürlich folgt Matthäus auch hier der Markusvorlage. Aber daß
seine selbständige' Ausführung der galiläischen Geschehnisse 28, 16ff. aus-
schließlich auf Markus zurückgehen sollte, ist gewiß nicht anzunehmen; gegen
W. Marxsen, Der Evangelist Markus (1956) 53.
27 Ev. Pt. 14, 60.
28 Joh. 21, 1; dazu R. Bultmann, Das Evangelium des Johannes (1941) 546:
„Der Redaktor wollte offenbar die Mk.-Mt.-Tradition von einer galiläischen
Erscheinung des Auferstandenen mit der johanneischen Darstellung kombinie-
ren. Indem er nun diese Geschichte nachfügte, nachdem schon zwei Erschei-
nungen des Auferstandenen erzählt worden waren (Joh. 20, 19—23; 24—29),
mußte er die Tradition, der er V. 1—13 entnahm, in diesem Punkte ausdrück-
lich korrigieren und betonen, daß hier die dritte ,Offenbarung' des Auf-
erstandenen erzählt ist.“
29 LIierzu LI. Conzelmann, Die Mitte der Zeit. Studien zur Theologie des Lukas
(1954) 78f. 113ff.; P. Schubert, The structure and significance of Luke 24, in:
Neutest. Studien f. Rud. Bultmann (19572 S, 165ff.) 183ff.
30 Zu diesen kann auch noch die mutmaßliche Vorlage zur Berufung Petri im
Lukasevangelium (5, 13—35) gezählt werden: u. S. 16.
31 Es erscheint mir in keiner Weise zwingend, daß der wahrscheinlich jerusa-
lemische Ursprung seiner Formel, wie Conzelmann, Auferstehung Sp. 700
will, für „eine entsprechende Vorstellung über den Ort der Erscheinungen“
zeugen müsse.