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Hans Frhr. von Campenhausen
ebenfalls nach Galiläa. Auch wenn die runde Zahl der „Fünfhundert“
übertrieben sein kann, ist die Versammlung für ein Privathaus zu groß32,
und eine Synagoge — wenn sie ausgereicht haben sollte33 — wird den
Anhängern Jesu in Jerusalem schwerlich zur Verfügung gestanden haben34.
Einen Waldgottesdienst am ölberg wird man ebenfalls nicht in Erwägung
ziehen wollen. Elöchstens der Tempel käme noch in Betracht. Aber ganz
abgesehen von der inneren Unwahrscheinlichkeit einer derartigen Tempel-
erscheinung und von der Unmöglichkeit, die Ungläubigen dann noch wie
üblich von ihr fernzuhalten, wäre ein so außerordentliches Ereignis nie-
mals spurlos in Vergessenheit geraten, und gerade Lukas hätte es bei sei-
ner Vorliebe für den Tempel höchst wichtig und willkommen sein müs-
sen35. Es bleibt für diese Erscheinung also nur eine Versammlung unter
freiem Elimmel irgendwo in Galiläa36, und hier hat die Angabe, was die
äußeren Umstände betrifft, auch am wenigsten Befremdliches an sich37.
32 Gegen J. Kreyenbühl, Der älteste Auferstehungsbericht und seine Varianten,
Zeitsdir. f. neutest. Wissensch. 9 (1908) 257ff.
33 In Jerusalem sind uns alte Synagogen nicht erhalten. Die Beispiele, die wir
aus Galiläa kennen, wären in den meisten Fällen zu klein; vgl. über diese
H. Kohl - C. Watzinger, Antike Synagogen in Galiläa (1916), und C. Wat-
zinger, Denkmäler Palästinas (1935) 107ff.
34 Grass S. 122 wendet hiergegen ein, die Urgemeinde müsse sich mit der Zeit
doch Raum geschaffen haben, „so daß sie auch gelegentlich mit einem halben
Tausend Zusammenkommen konnte (unter freiem Himmel)“. Aber hier stehen
wir doch noch in den Anfängen ihrer Entwiddung. Diese auch sonst anfechtbare
Annahme hat daher alle Wahrscheinlichkeit gegen sich.
35 So läßt er Paulus — im Widerspruch zu Gal. 1, Uff. — tatsächlich eine Art
Sendungsvision im Tempel zuteil werden: Act. 22, Uff.
36 Nach Mt. 28, 16 könnte man mit Dobschütz S. 33 an einen Berg als Stätte des
Ereignisses denken. Aber die weit verbreitete religiöse Vorliebe für Erschei-
nungen und Offenbarungen auf den Bergen macht diese Nachricht doch ver-
dächtig; vgl. das Material bei H. Riesenfeld, Jesus transfigure (1947) 217ff.;
ferner W. Schmauch, Orte der Offenbarung und der Offenbarungsort im N. T.
(1956) 67ff. Vgl. noch besonders, was die „Sophia Jesu Christi“ 77, 9ff. über
den Berg in Galiläa sagt, „den man ,Ort der Reifezeit und Freude' nennt“,
wo Jesus nach der Auferstehung seine zwölf Jünger und sieben Frauen belehrt:
Die gnostischen Schriften des kopt. Papyrus Berolin. 502, hrsg., übers, u. bearb.
v. W. C. Till (1955) 195f. Die völlige Ablehnung einer symbolisch-typologi-
schen Bedeutung des Gebirges im Sinne W. Foersters, Kittels Theol. Wörterb.
z. N. T. 5 (1954) 484f., wird sich schwerlich halten lassen. Was Holl S. 46f. an
dieser Stelle gegen eine Lokalisierung in Galiläa und für Jerusalem vorbringt,
ist gänzlich gewichtlos. Wenn Paulus bemerkt, von den Fünfhundert seien
„viele“ noch am Leben, „einige“ freilich schon verstorben, so setzt das in kei-
ner Weise voraus, sie müßten sich alle an einem Ort befunden haben, wo man
sie jederzeit wieder auffinden konnte. Zu Holls Mißtrauen gegen eine so
große Jüngerschar in Galiläa s. die folgende Anmerkung. Weitere Literatur
zur Frage bespricht W.-G. Kümmel, Theol. Rundsch. 18 (1950) 21ff.
37 Es ist mir freilich nicht deutlich geworden, warum den Jerusalemer Berichten,
wie Conzelmann, Auferstehung Sp. 699f. meint, „traditionsgeschichtlich“ ein
Hans Frhr. von Campenhausen
ebenfalls nach Galiläa. Auch wenn die runde Zahl der „Fünfhundert“
übertrieben sein kann, ist die Versammlung für ein Privathaus zu groß32,
und eine Synagoge — wenn sie ausgereicht haben sollte33 — wird den
Anhängern Jesu in Jerusalem schwerlich zur Verfügung gestanden haben34.
Einen Waldgottesdienst am ölberg wird man ebenfalls nicht in Erwägung
ziehen wollen. Elöchstens der Tempel käme noch in Betracht. Aber ganz
abgesehen von der inneren Unwahrscheinlichkeit einer derartigen Tempel-
erscheinung und von der Unmöglichkeit, die Ungläubigen dann noch wie
üblich von ihr fernzuhalten, wäre ein so außerordentliches Ereignis nie-
mals spurlos in Vergessenheit geraten, und gerade Lukas hätte es bei sei-
ner Vorliebe für den Tempel höchst wichtig und willkommen sein müs-
sen35. Es bleibt für diese Erscheinung also nur eine Versammlung unter
freiem Elimmel irgendwo in Galiläa36, und hier hat die Angabe, was die
äußeren Umstände betrifft, auch am wenigsten Befremdliches an sich37.
32 Gegen J. Kreyenbühl, Der älteste Auferstehungsbericht und seine Varianten,
Zeitsdir. f. neutest. Wissensch. 9 (1908) 257ff.
33 In Jerusalem sind uns alte Synagogen nicht erhalten. Die Beispiele, die wir
aus Galiläa kennen, wären in den meisten Fällen zu klein; vgl. über diese
H. Kohl - C. Watzinger, Antike Synagogen in Galiläa (1916), und C. Wat-
zinger, Denkmäler Palästinas (1935) 107ff.
34 Grass S. 122 wendet hiergegen ein, die Urgemeinde müsse sich mit der Zeit
doch Raum geschaffen haben, „so daß sie auch gelegentlich mit einem halben
Tausend Zusammenkommen konnte (unter freiem Himmel)“. Aber hier stehen
wir doch noch in den Anfängen ihrer Entwiddung. Diese auch sonst anfechtbare
Annahme hat daher alle Wahrscheinlichkeit gegen sich.
35 So läßt er Paulus — im Widerspruch zu Gal. 1, Uff. — tatsächlich eine Art
Sendungsvision im Tempel zuteil werden: Act. 22, Uff.
36 Nach Mt. 28, 16 könnte man mit Dobschütz S. 33 an einen Berg als Stätte des
Ereignisses denken. Aber die weit verbreitete religiöse Vorliebe für Erschei-
nungen und Offenbarungen auf den Bergen macht diese Nachricht doch ver-
dächtig; vgl. das Material bei H. Riesenfeld, Jesus transfigure (1947) 217ff.;
ferner W. Schmauch, Orte der Offenbarung und der Offenbarungsort im N. T.
(1956) 67ff. Vgl. noch besonders, was die „Sophia Jesu Christi“ 77, 9ff. über
den Berg in Galiläa sagt, „den man ,Ort der Reifezeit und Freude' nennt“,
wo Jesus nach der Auferstehung seine zwölf Jünger und sieben Frauen belehrt:
Die gnostischen Schriften des kopt. Papyrus Berolin. 502, hrsg., übers, u. bearb.
v. W. C. Till (1955) 195f. Die völlige Ablehnung einer symbolisch-typologi-
schen Bedeutung des Gebirges im Sinne W. Foersters, Kittels Theol. Wörterb.
z. N. T. 5 (1954) 484f., wird sich schwerlich halten lassen. Was Holl S. 46f. an
dieser Stelle gegen eine Lokalisierung in Galiläa und für Jerusalem vorbringt,
ist gänzlich gewichtlos. Wenn Paulus bemerkt, von den Fünfhundert seien
„viele“ noch am Leben, „einige“ freilich schon verstorben, so setzt das in kei-
ner Weise voraus, sie müßten sich alle an einem Ort befunden haben, wo man
sie jederzeit wieder auffinden konnte. Zu Holls Mißtrauen gegen eine so
große Jüngerschar in Galiläa s. die folgende Anmerkung. Weitere Literatur
zur Frage bespricht W.-G. Kümmel, Theol. Rundsch. 18 (1950) 21ff.
37 Es ist mir freilich nicht deutlich geworden, warum den Jerusalemer Berichten,
wie Conzelmann, Auferstehung Sp. 699f. meint, „traditionsgeschichtlich“ ein