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Campenhausen, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1958, 2. Abhandlung): Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab — Heidelberg, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.42457#0018
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Hans Frhr. von Campenhausen

und gehörte zum ältesten Überlieferungsbestand. So wird sie also nur
bekanntgegeben, und alle näheren Umstände und auch der genaue Ort
der Begegnung bleiben seltsam in der Schwebe.
Trotzdem läßt sich vielleicht noch eine Vermutung wagen, die das bis-
her Gesagte unterstützen würde. Gerade Lukas bietet, im Widerspruch zu
allen andern Evangelisten, eine eigentümliche Berufungsgeschichte des
Petrus; das ist die Legende vom „wunderbaren Fischzug“. Der Herr über-
rascht hier Petrus bei seinen Booten und Netzen und macht ihn zu seinem
ersten Jünger, der hinfort nicht mehr Fische, sondern Menschen fangen
soll43. Man hat schon oft bemerkt, daß dieses letzte Motiv der Sendung zu
einer Ostergeschichte vorzüglich passen würde. Sollte sich hier, zeitlich ver-
schoben, vielleicht ein Reflex der ersten Begegnung Petri mit dem Auf-
erstandenen erhalten haben? Man hat auch an die Legende von dem über
den See wandelnden Petrus erinnert44; doch sind die Beziehungen hier
weniger deutlich45. Entschieden in diese Richtung weisen dagegen die spä-
teren Auferstehungsgeschichten des Johannes-Anhangs46 und des Petrus-
evangeliums47, in denen der Auferstandene Petrus wieder am See Geneza-
reth beim Fischen erscheint und das Motiv des wunderbaren Zuges und
der Sendung — jedenfalls bei Johannes48 — noch einmal auftaucht49. Eine
mehr als hypothetische Lösung ist hier natürlich nicht möglich50; aber eine
gewisse Wahrscheinlichkeit spricht m. E. in der Tat dafür, daß die erste

bung dieser Erstbegegnung im Sinne der Parusieerwartung habe ihr Ver-
schwinden veranlaßt. Diese hätte sich — wenn sie wirklich bestand — mühe-
los verwischen oder übermalen lassen.
43 Lk. 5, 1—11; vgl. Mk. 1, 17.
44 Mt. 14, 28ff.; Kreyenbühl S. 260ff.: Hirsch S. 22ff.
45 Das gilt erst recht von der Verklärungsgeschichte und dem Petrusbekenntnis,
die besonders R. Bultmann, Die Geschichte der synoptischen Tradition (19573)
275ff., als umgeformte Ostergeschichten verstehen möchte.
46 Joh. 21, lff.
47 Pt. Ev. 14, 60.
48 Der Text des Petrusevangeliums bricht vorher ab. Auch in der Epist. apost. 11
erscheint Jesus nach einer Handschrift beim Fischen.
49 Ich verweise für die Diskussion der Frage, die hier im einzelnen nicht fort-
geführt werden soll, auf Bultmann, Johannes S. 545fL; Stauffer, Vor- und
Frühgeschichte S. 19f.; Cullmann S. 63f.; Grass S. 74ff. und die dort genannte
Literatur. Bultmann selbst hält den Fischfang und die anschließende Mahlzeit
nur für novellistische Ausmalung des ursprünglichen Bildwortes von Mk. 1, 17:
Synopt. Tradition S. 232f. 246.
50 Allerdings steht Petrus im Johannes- und wahrscheinlich auch im Petrus-
Evangelium Jesus hierbei nicht allein gegenüber. Aber er steht doch ganz im
Vordergrund des Geschehens und erreicht Jesus nach Joh. 21, 7f. vor den an-
dern Jüngern, als erster. So ist er auch Joh. 20, 6 der erste Jünger, der das
Grab Jesu betritt und, wenn wir den Lieblingsjünger als eine symbolische
Figur nehmen dürfen, sogar überhaupt der erste, der es erreicht hat. In dieser
Form erscheint die Nachricht in dem sekundären Einschub Lk. 24, 12.
 
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