3.
Wir haben schon angedeutet und in unserem Schema (s. die Aus-
klapptafel am Ende der Abhandlung, S. 11a, b) zur Anschauung ge-
bracht, was sich schärferer Betrachtung alsbald aufdrängt, daß die
Struktur des Hymnus von rhetorischen Kategorien durchdrungen
und überdeckt wird, wie sie gerade bei Cicero am wenigsten über-
raschen. Ihrer genaueren Untersuchung wenden wir uns jetzt zu.
Daß die Epiklese des Hymnus (I), ins rhetorische Schema über-
tragen, einem Prooimion entspricht, besagt nicht eben viel1. Die Pro-
bleme beginnen erst mit dem Teil II. Seine Untergliederung in A
1.2. B 1.2.3. C 1.2 ist durch den scharf differenzierenden Wechsel der
Klangmittel (unt. S. 11a) über jeden Zweifel erhaben. Sie springt
ohne weiteres ins Auge und bildet somit einen festen Ausgangs-
punkt für alles Weitere. Daß der Abschnitt A eine durch Propositio
(A 1) eingeleitete Argumentation (A 2) bietet, hat sich uns bereits
auf den ersten Anhieb ergeben (unt. S. 1 la Anm. 11). Ebenso hat un-
sere Gliederung angedeutet (unt. S. 11b zu II A), daß der Stoff der
Argumentation als Thesis oder Quaestio formuliert ist. Hier müssen
wir etwas weiter ausholen. Welche These da zu 'beweisen’ ist, das
kann nach A 1 nichts anderes sein als das Vermögen {potuisset') der
Philosophia, sich in den gravissimi ccisus des menschlichen Lebens
(Tuscul. V 3 und 5 Anfg.) als nützlich2 und notwendig zu zeigen. Dies
ist also in unserem Fall der wie auch sonst als Quaestio formulierte
Stoff der Argumentatio3. Dabei werden üblicher- und sinnvollerweise
die beiden Arten der quaestiones infinitae oder generales (θέσεις)
und der qitaestiones finitae oder speciales (υποθέσεις), diese auch
1 Zu ihrem Inhalt und den danach feststellbaren Anregungen, die auf Cicero
gewirkt haben dürften, s. unten S. 29 ff.
2 Über die Bedeutung des utile oder συμφέρον im Genus deliberativum s. Laus-
berg, Handbuch I S. 54 unten mit den Belegen. Insofern als sich Cicero in dem
Hymnus über den Nutzen der Philosophie klar werden will (s. a. C 2 cwü« . . .
potius opibus utamur quam tuis'), gehört das Ganze in der Tat zum Genus deli-
berativum; als Preis der Göttin Philosophia tendiert der Hymnus freilich zu-
gleich zum Genus demonstrativum. Über das auch diesem Genus eignende
dubium, das ja eine Argumentation erst ermöglicht, s. Lausberg I 55 f.
3 Dazu allgemein Lausberg I 190 (§ 348 gg. E.).
Wir haben schon angedeutet und in unserem Schema (s. die Aus-
klapptafel am Ende der Abhandlung, S. 11a, b) zur Anschauung ge-
bracht, was sich schärferer Betrachtung alsbald aufdrängt, daß die
Struktur des Hymnus von rhetorischen Kategorien durchdrungen
und überdeckt wird, wie sie gerade bei Cicero am wenigsten über-
raschen. Ihrer genaueren Untersuchung wenden wir uns jetzt zu.
Daß die Epiklese des Hymnus (I), ins rhetorische Schema über-
tragen, einem Prooimion entspricht, besagt nicht eben viel1. Die Pro-
bleme beginnen erst mit dem Teil II. Seine Untergliederung in A
1.2. B 1.2.3. C 1.2 ist durch den scharf differenzierenden Wechsel der
Klangmittel (unt. S. 11a) über jeden Zweifel erhaben. Sie springt
ohne weiteres ins Auge und bildet somit einen festen Ausgangs-
punkt für alles Weitere. Daß der Abschnitt A eine durch Propositio
(A 1) eingeleitete Argumentation (A 2) bietet, hat sich uns bereits
auf den ersten Anhieb ergeben (unt. S. 1 la Anm. 11). Ebenso hat un-
sere Gliederung angedeutet (unt. S. 11b zu II A), daß der Stoff der
Argumentation als Thesis oder Quaestio formuliert ist. Hier müssen
wir etwas weiter ausholen. Welche These da zu 'beweisen’ ist, das
kann nach A 1 nichts anderes sein als das Vermögen {potuisset') der
Philosophia, sich in den gravissimi ccisus des menschlichen Lebens
(Tuscul. V 3 und 5 Anfg.) als nützlich2 und notwendig zu zeigen. Dies
ist also in unserem Fall der wie auch sonst als Quaestio formulierte
Stoff der Argumentatio3. Dabei werden üblicher- und sinnvollerweise
die beiden Arten der quaestiones infinitae oder generales (θέσεις)
und der qitaestiones finitae oder speciales (υποθέσεις), diese auch
1 Zu ihrem Inhalt und den danach feststellbaren Anregungen, die auf Cicero
gewirkt haben dürften, s. unten S. 29 ff.
2 Über die Bedeutung des utile oder συμφέρον im Genus deliberativum s. Laus-
berg, Handbuch I S. 54 unten mit den Belegen. Insofern als sich Cicero in dem
Hymnus über den Nutzen der Philosophie klar werden will (s. a. C 2 cwü« . . .
potius opibus utamur quam tuis'), gehört das Ganze in der Tat zum Genus deli-
berativum; als Preis der Göttin Philosophia tendiert der Hymnus freilich zu-
gleich zum Genus demonstrativum. Über das auch diesem Genus eignende
dubium, das ja eine Argumentation erst ermöglicht, s. Lausberg I 55 f.
3 Dazu allgemein Lausberg I 190 (§ 348 gg. E.).