Metadaten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kretische Löwenschale des siebten Jahrhunderts v. Chr.

29

Stoffe in Truhen, genug wohlriechendes 01; darin standen auch der
Reihe nach an der Wand Pithoi voll altem süßschmeckendem Wein“.
In der zweiten großen Weile orientalischen Einflusses nach Grie-
chenland, seit dem späteren 8. Jahrhundert v. Chr., scheint es vor
allem der Kult der großen orientalischen Liebesgöttin, wie man sie
auch nennen mag, gewesen zu sein, mit dessen Rezeption auch die
Verwendung von Duftölen erneut in größerem Stile übernommen
wurde. Dieser Brauch hat dann im Kult der Götter, im Totenkult und
schließlich im profanen Leben weiteste Verbreitung gefunden.
Aphrodite als Herrin der duftenden öle
Auf einigen der Pylos-Tafeln wird ein Salbensieder namens Phi-
laios erwähnt im Dienste einer ,Herrin464 (po-ti-ni-ja = Jtowia).
Die Bezeichnung Potnia wird auf den Linear-B-Tafeln sonst für
Göttinnen verwendet64 65. Aber welche Göttin ist hier gemeint? Am
ehesten möchte man an eine aphrodisische Göttin denken66. Der Name
,Aphrodite4 ist in den Inventaren freilich noch nicht gelesen. Aber
auf den Linear B-Tafeln werden aromatische Pflanzen aufgeführt,
die teils aus Kypros, teils aus Phönikien stammen67. Dies sind die
Gegenden, aus denen nach übereinstimmender Ansicht der antiken
Überlieferung und der modernen Forschung der Kult der großen, im
Orient unter verschiedenen Namen verehrten Liebes- und Himmels-
göttin kam, die bei den Griechen Aphrodite Urania genannt wurde68.
Herodot (I 105) hat gewiß recht, wenn er von dem Tempel der
Aphrodite Urania (Astarte) in Askalon am Küstenstreifen von Pa-
lästina, berichtet: „Es ist dieser Tempel, wie ich infolge meiner Nach-
forschung vernehme, der älteste unter allen Tempeln, soviel deren
diese Göttin besitzt. Denn der Tempel in Kypros ist von hier aus ge-
gründet, wie die Kyprier selbst angeben, und den Tempel zu Kythera
haben Phöniker, die aus eben diesem Syrien stammen, errichtet.“
Mit syrischen Küstenstädten, zumal mit Ugarit, hatten bereits die
64 Un 09 = Ventris-Chadwick a. 0. Nr. 104; L. A. Stella, La civiltä Micenea
(1965) 259.
65 Ventris-Chadwick a. O. Index S. 406.
66 Die etruskische Liebesgöttin heißt Turan, was ebenfalls einfach Herrin be-
deutet.
67 Ventris-Chadwick a. O. S. 221 ff.
68 E. Simon, Die Geburt der Aphrodite (1959) 24 ff.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften