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Henrich, Dieter; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1976, 1. Abhandlung): Identität und Objektivität: eine Untersuchung über Kants transzendentale Deduktion ; vorgetragen am 9. November 1974 — Heidelberg: Winter, 1976

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https://doi.org/10.11588/diglit.45458#0033
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Identität und Objektivität

23

Positionen des Individuums, Ähnlichkeiten zu erfassen. Unter solchen
Bedingungen wäre eine Wissenschaft apriori von der Grundverfassung
von Objekten unmöglich. Der Gedanke vom geregelten Ablauf geht
also zwar jeder Objekterkenntnis voraus. Dennoch kann der be-
stimmte Gehalt der Regeln von wirklich beobachteten Datensequenzen
und -konfigurationen abgeleitet sein, und zwar ohne jede Restriktion
dieser Regeln auf Minimalbedingungen, die schon vor aller Erfahrung
feststünden.
Als Kant fand, daß der Gedanke der Beziehung unserer Erkenntnis
auf Gegenstände Notwendigkeit in sich hat, glaubte er aber beides
zugleich ausgeschlossen: Daß Objektivität sich nur de facto herstellt
und daß ihre Bedingungen, die Einheitsbegriffe von Regeln für Emp-
findungskomplexe, ihrem Inhalt nach selbst noch faktische Entdeckun-
gen sind. Dem Gedanken und der Konstituierung von Objektivität
sollte ebenso wie den Grundregeln, welche die Grundverfassung aller
Objekte definieren, Notwendigkeit innewohnen. Wenn man den Fort-
schritt des Arguments von der Bedeutungsanalyse von Objektivität
und vom Postulat irgendeiner Synthesis hin zu diesen Behauptungen
nicht überzeugend machen kann, wenn also die skizzierten Alter-
nativen zu Kants Theorieanspruch nicht zwingend zu eliminieren sind,
so ist damit die Position von David Hume, die Kant doch widerlegen
wollte, im Grundsätzlichen eher bestätigt. Der Nachweis, daß Objekte
Funktionsbegriffe sind, bleibt für sich allein genommen noch ganz im
Vorfeld einer Begründung eines Apriorismus in der Lehre von der
Objektivität, wie Kant ihn intendiert hatte.
3. Eigenschaften der Urteilsstruktur
Es böte sich nun wohl der Ausweg an, die Mängel der Begründung für
die Notwendigkeit der Beziehung auf Objekte und des Gehalts der
für diese Beziehung gültigen Grundregeln, die sich in der bloßen
Analyse der Bedeutung von Objektivität bisher nicht beheben ließen,
in direktem Rückgang auf das höchste Prinzip von Kants Epistemo-
logie, also auf das Einheitsprinzip der transzendentalen Apperzeption,
zu beseitigen. Der Rekurs auf dies Prinzip, das ohnehin eine hohe
Beweislast zu tragen hat, sollte aber nur dann erfolgen, wenn zuvor
alle Möglichkeiten zu einer supplementären Argumentation erkundet
worden sind. Das gilt um so mehr, als davon auszugehen ist, daß ein
Begründungsgang, der bei der Apperzeptionseinheit einsetzt, nicht
 
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