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Henrich, Dieter; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1976, 1. Abhandlung): Identität und Objektivität: eine Untersuchung über Kants transzendentale Deduktion ; vorgetragen am 9. November 1974 — Heidelberg: Winter, 1976

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https://doi.org/10.11588/diglit.45458#0038
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Dieter Henrich

Synthesen zu denken. Zwar darf man die Aussage als solche nicht als
Begriffsverbindung definieren (B 140/1). Begriffe behaupten nichts, —
weder isoliert noch in Kombination. Der eigentliche Charakter der
Aussage liegt darin, Objektivitätsansprüche zu etablieren. Dennoch
bleibt es für Aussagen, zumal für elementare, charakteristisch, daß ihr
Objektivitätsanspruch vermittels einer besonderen Begriffsverbindung
zustandekommt. Sie ist die <basale Verbindung> genannt worden8.
Unter Verweis auf diese Eigenschaft der Form der elementaren
Aussage könnte nun gesagt werden, daß nichts Gegenstand von Aus-
sagen sein kann, in dem sich nicht mindestens zwei verschiedene
Inhalte oder Aspekte finden. Denn in solchen elementaren Aussagen
in Subjekt-Prädikat-Form muß ein Objekt unter dem Subjektbegriff
als Einzelnes so angesprochen werden, daß es von anderen zu unter-
scheiden ist. Mit dem Prädikat wird es dann durch eine Eigenschaft
charakterisiert, die es mit anderen gemeinsam haben kann. In der
Bedeutung des Subjektbegriffes scheinen also Elemente eingehen zu
müssen, die mit der Bedeutung des Prädikatbegriffes nicht identisch
sein können. Dabei bliebe es gleichgültig, ob es überhaupt möglich ist,
das Subjekt zu denken, ohne ihm das Prädikat beizulegen, oder ob die
Prädizierung nur eine Eigenschaft oder einen Zustand feststellt, der
de facto besteht. In jedem Fall muß das Prädikat einem Gegenstand
zugesprochen werden, von dem anderes als das im Prädikatbegriff
Gedachte zu denken ist und auch bereits gedacht wurde.
Auch diese Überlegung muß, wenn sie im kantischen Rahmen
bleiben soll, von jenen anderen Überlegungen unterschieden werden,
welche auf die Bedingungen der Identifizierung von Gegenständen
gehen. Sie kann nur in Anspruch nehmen, daß die Bedeutung eines
Subjektbegriffes nicht durch die des Prädikats, das ihm zugesprochen
wird, erschöpft ist. Diese These scheint aber auch für sich stark genug
zu sein. Denn Aussagen mit demselben Begriff an der Subjekt- wie an
8 P. F. Strawson, <Subject and Predicate in Logic and Grammar>, London 1974;
[vgl. auch W. V. O. Quine, <Word and Object>, S. 96].
Im folgenden wird, — das sei im Vorblick gesagt — auf Strawsons Beiträge zum
Verständnis der Beziehung zwischen der Form des Subjekt-Prädikatsatzes und
dem Begriff vom Objekt nicht eingegangen, obgleich sie in der gegenwärtigen
theoretischen Situation das größte Gewicht haben und obgleich sie sich im
Zusammenhang mit einer Orientierung auf Kant entfalten. Aus Gründen, die
hier nicht zu erläutern sind, nehmen sie nämlich von Beginn an Abstand davon,
aus der Form des Subjekt-Prädikatsatzes irgendwelche direkten Folgerungen
hinsichtlich des Objektbegriffes zu ziehen. Eine solche Folgerung hat aber Kant,
wie sich zeigen wird, in der deutlichsten und philosophisch interessantesten
Passage seines Werkes zu diesem Thema im Auge.
 
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