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Hölscher, Uvo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1976, 3. Abhandlung): Der Sinn von Sein in der älteren griechischen Philosophie: vorgetragen am 6. Februar 1971 — Heidelberg: Winter, 1976

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https://doi.org/10.11588/diglit.45460#0023
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Der Sinn von Sein in der älteren griechischen Philosophie
Z 5, 1030 b 18ff., Δ 18, 1022 a 25ff.). Nirgendsonst als in Prädikationen
könnte auch das sein der Aussage durch die Formen der Kategorie qualifiziert
werden. Die kategorialen Aussagen bezeichnen eben nicht nur das Wesen,
sondern ebenso die wesensmäßigen Qualitäten, Verhältnisse, Aktivitäten etc.,
also Was-sein, Wie-sein, Wann-sein etc. Kurz, τα κατηγορούμενα καθ’ αύτα
(Anal. post. I 22, 84 a 27). «An sich» sind diese Qualitäten etc. nicht; καθ’
αύτα bezeichnet nicht das Sein der Kategorien, sondern ihre wesensmäßige
Zugehörigkeit zu dem, wovon sie ausgesagt sind. (Vgl. die S. 14 zitierte
Bemerkung von K. v. Fritz.)
Ein Einwand ist zu bedenken. Die Kategorien gelten (wie Reale hervor-
hob) ebenso für das akzidentale Sein (wie natürlich auch für das Wahr-sein
und das potentielle oder aktuelle Sein). Warum hebt Aristoteles sie nur bei
dem Sein καθ’ αύτο hervor?
Zunächst, für die akzidentalen Aussagen gelten nicht alle, die erste Kate-
gorie muß dort notwendig fehlen. Ferner, eine bestimmte konverse Art der
Aussage: das Weiße ist Sokrates, hat Aristoteles, als ein Reden κατα συμβε-
βηκος, überhaupt nicht als κατηγορειν anerkannt, woraus hervorgeht, daß
dieser Terminus für Aristoteles mehr ist als nur «aussagen» (obschon er ihn
auch gelegentlich für akzidentale Prädikationen braucht). Offenbar aber ist
für Aristoteles in den akzidentalen Aussagen der Modus des Seins selber
gänzlich durch die Akzidentalität bestimmt, während es ihm bei den wesens-
mäßigen Aussagen, einschließlich der der ersten Kategorie, auf die Vielfalt
der Seinsweisen, die alle in dem υποκείμενον versammelt sind, ankommt.
Und noch ein Zweites könnte befremden. Erwartet man nicht, daß in
diesem Satz die Seinsweise des όν καθ’ αύτο definiert oder wenigstens be-
schrieben werde? Das geschieht doch mit den Bedeutungen der Kategorien
ganz und gar nicht. Aber definiert oder erklärt wird auch das όν κατα συμβε-
βηκος nicht; Aristoteles bringt nur drei Beispiele akzidentaler Aussagen,
in denen nun allerdings das akzidentale Sein in dreifacher Weise erscheint.
Statt einer Erklärung eine Unterteilung. Daß man weiß, was καθ’ αύτο είναι
heißt, scheint Aristoteles ebenso vorauszusetzen; und was er bringt, ist
wiederum nur eine Unterteilung.
 
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