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Dihle, Albrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1977, 5. Abhandlung): Euripides' Medea: vorgetragen am 20. November 1976 — Heidelberg: Winter, 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.45466#0055
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Euripides’ Medea · Anhang

53

Man müsse sich vorstellen, daß Medea diese Worte spreche, nachdem
sie ihre Muttergefühle endgültig überwunden habe. Mit den Worten
χωρεΐτε, χωρεΐτε stoße sie die Kinder gewaltsam von sich weg. Nun
wäre aber ein Ausdruck wie ού ... πρόθυμος in jedem Fall an dieser
Stelle seltsam. „Nicht ... begierig“ oder „freudig bereit“, die Kinder
zu sehen, könnte Medea von sich weder sagen, wenn sie von Qual zer-
rissen ihren Anblick nicht aushält, noch wenn sie die Kinder schroff
von sich weist. Im ersten Fall erwartet man einen Ausdruck des Nicht-
könnens, im zweiten einen stärkeren Ausdruck des Nichtwollens. Der
von Broadhead postulierte Sinneswandel Medeas müßte zwischen den
Versen 1075 und 1076 liegen, denn 1075 finden wir sie noch ganz dem
Muttergefühl hingegeben. Außerdem paßt als Entsprechung zu dem Be-
kenntnis, vom Unglück überwältigt zu werden (άλλα νικώμαι κακοΐς),
das Eingeständnis, den Anblick der Kinder nicht ertragen zu können,
weit eher als ihre schroffe Zurückweisung. Das Verständnis der Stelle,
das zu Broadheads Emendation führt, dürfte kaum richtig sein.
Page’s οϊα τε προς σφας ist sehr viel überzeugender, gerade wegen der
damit indizierten Abwendung Medeas von den Kindern, die sie mit
χωρεΐτε noch eben angeredet hat. Die Abwendung macht auch mimisch
deutlich, daß Medea den Anblick der Kinder nicht mehr ertragen kann.
 
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