Das Fondi-Grabmal in S. Agostino zu Siena
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als Scheinanlage erst einen Sinn, wenn man sie sich der Mauerfläche
vorgeblendet vorstellt. Einzig die Nische mit dem Sarkophag fluchtet
offensichtlich teilweise hinter die gedachte Wandebene zurück. Die
unbestreitbare Affinität zum Typus des Wandnischengrabmals ändert
nichts an der Tatsache, daß das ganze Gefüge optisch vorderlastig und
damit als virtuelle dreidimensionale Konstruktion reichlich gewagt
wirkt. Die koloristisch-dekorativen Eigenarten mildem etwas diesen -
im Prinzip gewiß nicht unbeabsichtigten - Eindruck.
Die Perspektivanalyse von Elio Rodio (Abb. 5) mag auf den ersten
Blick insofern verwirren, als ein Maßstabunterschied zwischen der
(dem Fresko gemäßen) verkürzten Darstellung links und den Schnit-
ten rechts zu bestehen scheint. In Wirklichkeit handelt es sich nur um
die durch die Projektion via Sehstrahlen in Relation zur realen Wand-
ebene bedingte Größenabweichung. Der Kommentar Rodios (S. 47ff.)
entschlüsselt das gewählte, methodisch durchaus zuverlässige Verfah-
ren. Man braucht wohl nicht davon auszugehen, daß der Künstler seine
Darstellung in Schritten entwickelt hat, die dem Gang der Analyse bis
ins Detail reziprok entsprechen. Auf jeden Fall steht völlig außer Zwei-
fel, daß er über ausgezeichnete Kenntnisse in der Perspektivlehre
verfugte. Auch die Zugrundelegung eines Moduls dürfte durch Rodios
Analyse erwiesen sein. Einige Ungewißheiten bleiben nicht zuletzt
wegen des Verlustes der unteren Freskopartie bestehen: So ist nicht
ganz sicher zu sagen, ob die Distanz zwischen Obelisken und Ädikula
dem geometrisch ermittelten Wert entspricht oder vielleicht doch
geringer anzusetzen ist; unsicher ist auch, ob zwischen Obelisken-
sockeln und Ädikulabasis eine architektonische Verbindung angenom-
men werden muß.
IV. STIL UND ATTRIBUTION
Die allgemeine stilgeschichtliche Einordnung kann von zwei Umstän-
den ausgehen: Das Fondi-Grabmal entspricht morphologisch in weite-
rem Sinne der im Quattrocento eingefuhrten Gattung des antikisch
instrumentierten Wandnischengrabmals; in engerem Sinne läßt es sich
dem in Siena heimischen Typus des „Nischenkonsolengrabmals“10
zuordnen, wie er von Urbanos da Cortona Monument für Cristoforo
Felici (gest. 1462) in S. Francesco in Siena (Abb. 20a; bemerkenswert
io Vgl. F. Burger, Geschichte des florentinischen Grabmals, Straßburg 1904, S. 235.
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als Scheinanlage erst einen Sinn, wenn man sie sich der Mauerfläche
vorgeblendet vorstellt. Einzig die Nische mit dem Sarkophag fluchtet
offensichtlich teilweise hinter die gedachte Wandebene zurück. Die
unbestreitbare Affinität zum Typus des Wandnischengrabmals ändert
nichts an der Tatsache, daß das ganze Gefüge optisch vorderlastig und
damit als virtuelle dreidimensionale Konstruktion reichlich gewagt
wirkt. Die koloristisch-dekorativen Eigenarten mildem etwas diesen -
im Prinzip gewiß nicht unbeabsichtigten - Eindruck.
Die Perspektivanalyse von Elio Rodio (Abb. 5) mag auf den ersten
Blick insofern verwirren, als ein Maßstabunterschied zwischen der
(dem Fresko gemäßen) verkürzten Darstellung links und den Schnit-
ten rechts zu bestehen scheint. In Wirklichkeit handelt es sich nur um
die durch die Projektion via Sehstrahlen in Relation zur realen Wand-
ebene bedingte Größenabweichung. Der Kommentar Rodios (S. 47ff.)
entschlüsselt das gewählte, methodisch durchaus zuverlässige Verfah-
ren. Man braucht wohl nicht davon auszugehen, daß der Künstler seine
Darstellung in Schritten entwickelt hat, die dem Gang der Analyse bis
ins Detail reziprok entsprechen. Auf jeden Fall steht völlig außer Zwei-
fel, daß er über ausgezeichnete Kenntnisse in der Perspektivlehre
verfugte. Auch die Zugrundelegung eines Moduls dürfte durch Rodios
Analyse erwiesen sein. Einige Ungewißheiten bleiben nicht zuletzt
wegen des Verlustes der unteren Freskopartie bestehen: So ist nicht
ganz sicher zu sagen, ob die Distanz zwischen Obelisken und Ädikula
dem geometrisch ermittelten Wert entspricht oder vielleicht doch
geringer anzusetzen ist; unsicher ist auch, ob zwischen Obelisken-
sockeln und Ädikulabasis eine architektonische Verbindung angenom-
men werden muß.
IV. STIL UND ATTRIBUTION
Die allgemeine stilgeschichtliche Einordnung kann von zwei Umstän-
den ausgehen: Das Fondi-Grabmal entspricht morphologisch in weite-
rem Sinne der im Quattrocento eingefuhrten Gattung des antikisch
instrumentierten Wandnischengrabmals; in engerem Sinne läßt es sich
dem in Siena heimischen Typus des „Nischenkonsolengrabmals“10
zuordnen, wie er von Urbanos da Cortona Monument für Cristoforo
Felici (gest. 1462) in S. Francesco in Siena (Abb. 20a; bemerkenswert
io Vgl. F. Burger, Geschichte des florentinischen Grabmals, Straßburg 1904, S. 235.