Metadaten

Wolgast, Eike; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 9. Abhandlung): Die Religionsfrage als Problem des Widerstandsrechts im 16. Jahrhundert — Heidelberg: Winter, 1980

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.45486#0009
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Frage nach den Grenzen staatlicher Machtausübung und dem
Umfang der Gehorsamspflicht ist seit der Antike immer wieder Gegen-
stand theoretischer Erörterungen und praktischer Lösungsversuche ge-
wesen1. Die Vorstellung, daß es für die Beherrschten eine legitime
Möglichkeit zur Gewaltanwendung gegen den Herrscher gibt, beruht
auf der Überzeugung, daß zwischen Herrscher und Beherrschten eine
Rechtsbeziehung besteht und beiden Seiten ein für sie gleichermaßen
verbindliches Recht übergeordnet ist. Wenn durch Maßnahmen des
Herrschers diese Rechtsbeziehung gestört ist, sind die Untertanen durch
ein Recht auf Widerstand dazu befugt, den entstandenen Konflikt durch
rechtskonforme Maßnahmen zu beseitigen. Indem sie „von unten nach
oben“ vollzogen wird, überwindet die Ausübung von Widerstand die
Befehl-Gehorsam-Beziehung, um die Geltung des übergeordneten
Rechts zu sichern oder wiederherzustellen.

Die folgenden Ausführungen gehen zurück auf einen Vortrag für den Internationalen
Historikerkongreß in Bukarest 1980; erstmals behandelt habe ich den Gegenstand in
einem im Sommersemester 1978 abgehaltenen Hauptseminar über „Probleme des
Widerstandsrechts im 16. Jahrhundert“. Für freundliche Hilfe und Unterstützung ha-
be ich Frau Marion Hollerbach-Heidelberg sehr zu danken. - Es kann im Folgenden
nicht darum gehen, die Frage des Widerstandsrechts im 16. Jahrhundert in ihren viel-
fältigen Aspekten zu erörtern; nur einige wichtige Elemente sollen herausgestellt und
Entwicklungslinien nachgezeichnet werden. Auch bei dieser begrenzten Themenstel-
lung war noch äußerste Verkürzung auf das Wesentliche und jeweils Neue und die
Debatte des 16. Jahrhunderts Weiterführende notwendig. Zu modernen Theorien
und Definitionen des Widerstandsrechts vgl. P. Hüttenberger, Vorüberlegungen zum
„Widerstandsbegriff“. In: Geschichte und Gesellschaft Sonderheft 3 (Göttingen
1977) 117ff.; für das 16. Jahrhundert hilfreicher sind die Differenzierungen bei M.
Heckel, Staat und Kirche nach den Lehren der evangelischen Juristen Deutschlands in
der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts II. In: ZRG 74 Kanon. Abt. 43/1957, 290ff.
Die Literatur zum Problem des Widerstandsrechts im 16. Jahrhundert ist fast unüber-
sehbar; eine Bibliographie der neueren deutschsprachigen Arbeiten vgl. bei A. Kauf-
mann — L. E. Backmann (Hg.), Widerstandsrecht (Wege der Forschung 173, Darm-
stadt 1972), 562ff.; vgl. auch H. U. Scupin - U. Scheuner (Hg.), Althusius-Bibliogra-
phie 2 Bde. (Berlin 1973). Grundsätzlich verwiesen sei auf die beiden Standardwerke
zur Geschichte des politischen Denkens im 16. Jahrhundert: P. Mesnard, L’Essor de
la Philosophie Politique au XVIe siede (3. Aufl. Paris 1977); J. W. Allen, A History
of Political Thought in the Sixteenth Century (London 1928 u. ö.).
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften