Die Religionsfrage als Problem des Widerstandsrechts
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ten sollte, wurde als Ziel der eigenen Partei ausgegeben. Die katholi-
schen Monarchomachen übernahmen dieses Argumentationsmuster, in
das sie aber sehr viel direkter und offener als die Hugenotten die Reli-
gionsfrage einfügen konnten, da für sie die Wiederherstellung des frü-
heren Zustands oder die Abwehr von Bedrohungen des gegenwärtigen,
ordnungsgemäßen Zustands identisch war mit Aufrechterhaltung ihrer
Konfession als einziger Glaubenspartei und folglich mit Widerstand ge-
gen die Ansprüche der Protestanten.
Das Recht, gegenüber Aktionen des Herrschers auf der eigenen sub-
jektiven Rechtsüberzeugung zu beharren und im Konfliktfall Gewalt
anzuwenden, ist von allen monarchomachischen Theoretikern auf drei
Prämissen fundiert worden:
1. Beschränkte Machtstellung des Fürsten: Die königliche Gewalt ist
durch das natürliche und positive Recht begrenzt47; zwischen Fürst und
Volk besteht ein Vertragsverhältnis, die Herrschaft ist unter rechts-
förmlichen Bedingungen übertragen worden — der Modus dieser Über-
tragung wird unterschiedlich beschrieben — und fällt bei Vertragsbruch
an das Volk als den eigentlichen Eigentümer zurück48.
2. Tyrannis als Folge des Vertragsbruchs: Der Vertragsbrüchige Fürst,
der mit Hilfe von Gewalt seine Herrschaft weiter ausübt, ist ein Tyrann.
Die Tyrannenlehre der Monarchomachen, die in den Flugschriften und
Traktaten zumeist sehr ausführlich abgehandelt wird, übernimmt die
antik-scholastische Unterscheidung in usurpatorische und legitime, aber
gegen das Recht verstoßende Herrschaft. Über die theoretischen Erör-
terungen hinaus gewinnt die Frage der Tyrannis und ihrer Definition an
unmittelbarer Aktualität, da die politischen Methoden in der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts Attentat und politischen Mord sehr viel un-
befangener einschließen als frühere Zeiten. Der Ermordung Franz’ von
Guise 1562 durch einen Hugenotten folgt 1572 die Ermordung Coli-
gnys und seiner Anhänger und Glaubensgenossen; es folgen die zahlrei-
chen Attentatspläne und Verschwörungen gegen Elisabeth von England
nach der Verhängung des Bannes durch Pius V. 1570, die Ermordung
Wilhelms von Oranien 1584, der Mord an den Brüdern Guise im Auf-
trag Heinrichs III. 1588, die Ermordung Heinrichs III. 1589, etwa
47 In allzu einseitiger Fixierung auf das positive Recht hat Wolzendorff (s.Anm. 5),
123ff. die naturrechtliche Argumentation der Monarchomachen als bloßes Hilfsmittel
zu wenig gewürdigt.
48 Auf die Staats- und Gesellschaftslehre der Monarchomachen wird im Folgenden nur
soweit eingegangen, als es zum Verständnis ihrer Lehre vom Widerstandsrecht not-
wendig ist; im übrigen vgl. dazu Treumann (s. Anm. 45) und Stricker (s. Anm. 45).
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ten sollte, wurde als Ziel der eigenen Partei ausgegeben. Die katholi-
schen Monarchomachen übernahmen dieses Argumentationsmuster, in
das sie aber sehr viel direkter und offener als die Hugenotten die Reli-
gionsfrage einfügen konnten, da für sie die Wiederherstellung des frü-
heren Zustands oder die Abwehr von Bedrohungen des gegenwärtigen,
ordnungsgemäßen Zustands identisch war mit Aufrechterhaltung ihrer
Konfession als einziger Glaubenspartei und folglich mit Widerstand ge-
gen die Ansprüche der Protestanten.
Das Recht, gegenüber Aktionen des Herrschers auf der eigenen sub-
jektiven Rechtsüberzeugung zu beharren und im Konfliktfall Gewalt
anzuwenden, ist von allen monarchomachischen Theoretikern auf drei
Prämissen fundiert worden:
1. Beschränkte Machtstellung des Fürsten: Die königliche Gewalt ist
durch das natürliche und positive Recht begrenzt47; zwischen Fürst und
Volk besteht ein Vertragsverhältnis, die Herrschaft ist unter rechts-
förmlichen Bedingungen übertragen worden — der Modus dieser Über-
tragung wird unterschiedlich beschrieben — und fällt bei Vertragsbruch
an das Volk als den eigentlichen Eigentümer zurück48.
2. Tyrannis als Folge des Vertragsbruchs: Der Vertragsbrüchige Fürst,
der mit Hilfe von Gewalt seine Herrschaft weiter ausübt, ist ein Tyrann.
Die Tyrannenlehre der Monarchomachen, die in den Flugschriften und
Traktaten zumeist sehr ausführlich abgehandelt wird, übernimmt die
antik-scholastische Unterscheidung in usurpatorische und legitime, aber
gegen das Recht verstoßende Herrschaft. Über die theoretischen Erör-
terungen hinaus gewinnt die Frage der Tyrannis und ihrer Definition an
unmittelbarer Aktualität, da die politischen Methoden in der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts Attentat und politischen Mord sehr viel un-
befangener einschließen als frühere Zeiten. Der Ermordung Franz’ von
Guise 1562 durch einen Hugenotten folgt 1572 die Ermordung Coli-
gnys und seiner Anhänger und Glaubensgenossen; es folgen die zahlrei-
chen Attentatspläne und Verschwörungen gegen Elisabeth von England
nach der Verhängung des Bannes durch Pius V. 1570, die Ermordung
Wilhelms von Oranien 1584, der Mord an den Brüdern Guise im Auf-
trag Heinrichs III. 1588, die Ermordung Heinrichs III. 1589, etwa
47 In allzu einseitiger Fixierung auf das positive Recht hat Wolzendorff (s.Anm. 5),
123ff. die naturrechtliche Argumentation der Monarchomachen als bloßes Hilfsmittel
zu wenig gewürdigt.
48 Auf die Staats- und Gesellschaftslehre der Monarchomachen wird im Folgenden nur
soweit eingegangen, als es zum Verständnis ihrer Lehre vom Widerstandsrecht not-
wendig ist; im übrigen vgl. dazu Treumann (s. Anm. 45) und Stricker (s. Anm. 45).