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Wolgast, Eike; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 9. Abhandlung): Die Religionsfrage als Problem des Widerstandsrechts im 16. Jahrhundert — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45486#0034
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Eike Wolgast

wird; Gott übergeht in diesem Fall alle irdischen Zwischen- und
Höchstgewalten und manifestiert durch das Volk ganz unmittelbar seine
Souveränität. Das von Luther und Calvin gegen die Eigenaktivität des
Volkes angeführte Argument der Anarchie bei Machtergreifung durch
die Masse ließ Goodman nicht gelten; stattdessen verwies er auf die
göttliche Bevollmächtigung des ganzen Volkes, nicht mehr nur eines
Einzelnen oder einer kleinen Gruppe56.
Mit der Thronbesteigung Elisabeths I. 1558 verlor die Erörterung des
Erstreckungsbereiches der fürstlichen Gewalt und der Legitimität des
Widerstandsrechts ihren aktuell-politischen Bezug und wurde auch
theoretisch in England nicht weitergeführt - wiederum ein Zeichen für
die große Bedeutung des religiösen Faktors bei der Debatte über das
Widerstandsrecht. Die Tradition wurde in England erst im 17. Jahrhun-
dert von den Puritanern aufgenommen, dann aber mit eigenständiger
Argumentation weitergeführt57.
Auch in Schottland hat die causa religionis die Erörterungen über das
Widerstandsrecht ausgelöst, wenn auch die Praxis der politischen Aus-
einandersetzungen von dieser theoretischen Diskussion verhältnismäßig
unberührt geblieben ist; die Konflikte von Adelsfraktionen mit der Re-
gentin Maria Guise und seit 1561 mit der Königin Maria Stuart waren
in der Mehrzahl Konkurrenzkämpfe um Macht und Einfluß. Die causa
religionis spielte in diesen Konflikten nur eine unbedeutende Rolle, zu-
mal beide Königinnen jeweils nur vorübergehend eine forciert katholi-
kenfreundliche Politik betrieben58.
56 Vgl. How Superior Powers, 158: “Though it appears at the first sight a great disorder
that the people should take unto them the punishment of transgression, yet when the
magistrates and other officers cease to their duty, they are, as it were, without officers,
yea worse than if they had none at all, and then God giveth the sword into the people’s
hand and He himself is become immediately their head” (zit. nach Allen - s. Anm. 1
-118).
57 Die Bestimmungen des Triennial Act von 1641, die bei Inaktivität des Königs den
Amtsträgern des Königreichs die Pflicht auferlegen, für die Parlamentswahlen zu sor-
gen, sind eine Wiederaufnahme entsprechender monarchomachischer Lehren des 16.
Jahrhunderts.
58 Auch der Sturz Maria Stuarts 1567 wurde nicht als legitim ausgeübter Widerstand ge-
gen unrechtmäßig ausgeübte Herrschaft ausgegeben, sondern vollzog sich als Rechts-
akt in Form einer Abdankung, begründet mit Überforderung der Königin: “In travel-
ling quhairin nocht onelie is oure body, spreit and sences sa vexit, brokin, and unquie-
tit, that langar we are nocht of habilitie be ony maner to induir sa greit and intollerabill
panis und travellis, quhairwith we are altogidder weryit, bot als greit commotionis and
troublis be sindry occasionis in the menetyme hes insewit thairin to oure greit grief”;
W. C. Dickinson-G. Donaldson-I. A. Milne (Hg.), A Source Book of Scottish History
 
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